Deutsch geht gut - Das Literaturprojekt in Bietigheim Bissingen

"Deutsch geht gut": Agnieszka Kowaluk in der Realschule im Aurain

"Du bist so deutsch" heißt der Polin Agnieszka Kowaluks Buch und darin geht es um Trennendes, Verbindendes, um Klischees und das Fremdsein. Davon sprach sie mit den neunten Klassen der Realschule im Aurain.

GABRIELE SZCZEGULSKI | 18.02.2016

Es gibt wohl kaum ein Buch, das das Wesen des Projektes "Deutsch geht gut" so gut repräsentiert wie Agnieszka Kowaluks "Du bist so deutsch". Denn es geht darum, wie es ist, in ein anderes Land zu kommen, als Ausländerin zu leben, wie die Sprache wichtig ist, sich einzufinden, auch wenn anscheinend die Erwartungen, gestärkt durch Vorurteile, nicht erfüllt werden. Am ersten Tag der Schülerlesungen des diesjährigen Projekts "Deutsch geht gut" las Agnieszka Kowaluk am Mittwochmorgen in den neunten Klassen der Realschule im Aurain. Dort, in der Sandschule, in der Waldschule, in der Gustav-Schönleber-Schule sowie in der Realschule Bissingen lasen sie und ihre Kollegen Sudabeh Mohafez, Karin Bruder, Lena Gorelik und Marica Bodrozic im Rahmen des Projektes.

In mehreren Kapiteln handelt Agnieszka Kowalik die Klischees und Vorurteile über die Deutschen ab und kommt zu dem Schluss: So schlimm sind die Deutschen gar nicht, aber noch viel besser: Auch Fremdsein in Deutschland ist gar nicht so schlimm, wenn man es als Glück begreift.

Von dem Fremdsein kann bald die Hälfte der Klasse 9b von Christiane Ayala-Villareal ein Lied singen. Auf Agnieszka Kowaluks Frage, wer einen Migrationshintergrund hat, gehen viele Hände nach oben. Und auch die Lehrerin erzählt von ihrer Ehe mit einem südamerikanischen Mann, als Kowaluk sagt, dass ihr Mann Halbiraner mit einer deutschen Mutter sei. Diese Multikulturalität nimmt die polnische Schriftstellerin in ihrem Buch unter die Lupe, denn die deutschen und polnischen Klischees, die sie untersucht, so sagt sie selbst, stehen stellvertretend für die Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur.

Von dieser Auseinandersetzung verstehen die Neuntklässler etwas, die mitten in das Spannungsfeld zwischen mindestens zwei Kulturen hineingeboren wurden. Carolin erzählt davon: Ihre türkische Mutter kam mit 19 Jahren nach Deutschland, wo sie nie hinwollte, lernte kaum Deutsch, bleibt in ihrer türkischen Enklave. Carolin selbst fühlt sich als Deutsche, kann ihre Mutter in ihrer Kontaktlosigkeit zu Deutschen kaum verstehen. Und doch fühlt sie sich irgendwie als Deutsche, wie ihr Sitznachbar Lukas, der sagt, dass er in Deutschland geboren sei, seine Eltern aber Bosnier sind. "Manchmal fühle ich mich deutsch, meistens bosnisch", sagt er. Kowaluk findet das nicht schlimm, zwei Kulturen sein eigen nennen zu dürfen. "Ihr müsst euch nicht für eine entscheiden, es ist doch egal und sogar schön, wenn ihr eine zweite kulturelle Heimat habt", sagt sie.

Carolin will von Kowaluk wissen, wie es ist, als junger Mensch nach Deutschland zu kommen, warum es so schwer ist, sofort die Sprache zu lernen. Die Polin erklärt ihr, dass es für sie etwas anderes war: "Ich kam freiwillig nach Deutschland, meine Motivation war eine andere. Ich hatte Deutsch schon auf der Schule gelernt und dann studiert." Die Motivation, sich zu integrieren hänge immer auch von der Motivation ab, weswegen man hierher gekommen sei, sagt Kowaluk. Die Flüchtlinge hofften auf ein besseres Leben und das könne man nur durch Integration und die Sprache erreichen.

Die Neuntklässler sind sehr interessiert an ihren Aussagen und diskutieren mit ihr das Vorurteil, dass Polen Autos klauen. "Ich habe noch nie eines geklaut", sagt sie und räumt kurzerhand mit einem Vorurteil auf.

Info
Am heutigen Donnerstag, 18, Februar, 18 Uhr, gibt es in der Waldschule in Bissingen eine öffentliche Lesung mit den fünf Autorinnen.

http://www.swp.de/bietigheim/lokales/bietigheim_bissingen/Deutsch-geht-gut-Agnieszka-Kowaluk-in-der-Realschule-im-Aurain;art1188806,3688527