Deutsch geht gut - Das Literaturprojekt in Bietigheim Bissingen

Fantasy und Zickenkrieg im Ballett

Im Rahmen der 14. Auflage des Projekts "Deutsch geht gut" haben Schüler von vier Schulen selbst geschriebene Geschichten öffentlich gelesen.

HENNING MAAK | 13.05.2016

Die Nervosität ist bei vielen der Jungen und Mädchen kurz vor ihrem großen Auftritt im Musiksaal der Gemeinschaftsschule im Sand offensichtlich: Kaum einer kann am Donnerstag ruhig sitzen, einige schwätzen aufgeregt miteinander, und der ein oder andere sucht sich eine ruhige Ecke, in der er seinen Text noch ein allerletztes Mal durchlesen kann. "Das Vorlesen ist immer die größte und letzte Hürde", weiß auch Moderatorin Ulrike Diesse nur zu gut, die das Projekt als Vorsitzende des Freundeskreises der Sandschule von Beginn an begleitet.

Doch wenn ihr großer Auftritt kommt, zeigen sich die meisten ziemlich souverän. "Kurz davor war ich sehr aufgeregt, aber als ich gelesen habe gar nicht mehr", sagt Alina Falke von der Realschule Bissingen. Ihre Abenteuergeschichte "Mal eben kurz die Welt retten", in der es um ein Amulett, ein besonderes Buch und die Zukunft der Menschheit geht, gehört zu den längeren. Am Schluss liest sie sehr schnell, aber sie schafft es, die rund 80 Zuhörer im Musiksaal zu fesseln.

Mucksmäuschenstill ist es auch, als Claudia Chirico von der Realschule Bissingen ihre Geschichte von der völlig überraschenden Begegnung mit ihrem biologischen Vater vorträgt. Äußerlich wirkt sie souverän, "aber ich habe schon gezittert", gibt sie nach ihrem Auftritt zu. Originell ist auch der Bericht eines Schülers der Aurain-Realschule, der aus der Ich-Perspektive die Geschichte eines kanadischen Eishockeyschlägers erzählt. Von viel Fantasie zeugt der Blick in die Zukunft einer anderen Aurain-Realschülerin: Im Jahr 3021 spielt die Klimaerwärmung keine Rolle mehr, der vierte Weltkrieg hat die Welt verändert, "aber in silbernen Raumanzügen, wie das in Filmen dargestellt wurde, läuft keiner herum." Beeindruckend ist der Auftritt von Antea Brdrn von der Waldschule Bissingen, die erst vor einem knappen Jahr aus Kroatien gekommen ist. In sehr gutem Deutsch hält sie ein Plädoyer für einen richtig verstandenen Feminismus, der ihr die Möglichkeit offen lässt, eine Familie zu haben und trotzdem Karriere zu machen.

Der Höhepunkt des Nachmittags ist der allerletzte Beitrag von Lisa Grum und Rosaria Reis, die ihre Geschichte von einem Zickenkrieg im Ballett gemeinsam vortragen und sich verbal die Bälle zuspielen. Bei ihnen merkt man von Nervosität überhaupt keine Spur, sie scheinen ihren Auftritt sogar zu genießen. "Das war die Geschichte, die am wenigsten Hilfestellung benötigt hat", sagt Nikita Gorbunov, der die Schreibwerkstatt an der Waldschule geleitet hat. Insgesamt habe er in diesem Jahr einen "Wahnsinns-Jahrgang" gehabt.

Nikita Gorbunov ist einer von vier Medienprofis neben Ines Franzke-Stahl (Realschule im Aurain), Olaf Nägele (Realschule Bissingen) und BZ-Redakteurin Gabriele Szczegulski (Schule im Sand), die die Schüler im Rahmen des Projekts "Deutsch geht gut" beim Schreiben ihrer Texte angeleitet und unterstützt haben. Als Motivation für die Schüler gab es zu Projektbeginn an jeder Schule Lesungen von nichtdeutschen Autoren, die aber in deutscher Sprache publiziert haben.

Das soll den Nachwuchsautoren, von denen der überwiegende Teil einen Migrationshintergrund hat, Mut machen, sich selbst mit der deutschen Sprache zu beschäftigen. Ausrichter der Projektes "Deutsch geht gut" sind auch im 14. Jahr die Freundeskreise der Realschule im Aurain, der Schule im Sand und der Förderverein der Waldschule Bissingen.

http://www.swp.de/bietigheim/lokales/bietigheim_bissingen/Fantasy-und-Zickenkrieg-im-Ballett;art1188806,3833306