Über 50 Schüler erarbeiten derzeit an fünf Schulen der Stadt eigene literarische Texte im Rahmen des Projektes "Deutsch geht gut". Dabei geht es vor allem darum, herauszufinden, welche Themen die Jugendlichen interessieren.
Aslihan träumt davon, auf einer Urlaubsreise nach Thailand ihren Märchenprinzen zu treffen. Weder wird sie in der Realität in nächster Zeit so eine Reise unternehmen können noch wird sie einen reichen, jungen Mann treffen. Die Wirklichkeit der 15-jährigen Hauptschülerin sieht anders aus: Abschlussprüfungen, schwierige Ausbildunggsuche, Stress mit den Eltern, wenig Geld. Aber in der Schreibwerkstatt in der Sandschule, beim Projekt "Deutsch geht gut" der Freundeskreise der Sandschule, der Realschulen im Aurain und Bissingen, da kann sie so viel träumen, wie sie will und von was sie will.
15 Jugendliche schreiben sich seit sechs Wochen jeden Mittwoch unter Anleitung von Schreibdozenten alles von der Seele, was sie bedrückt. Nicht nur in der Sandschule, sondern auch in der Schule im Buch, der Waldschule, sowie den beiden Realschulen.
Natürlich sind das typische Themen, die Teenager in diesem Alter betreffen: Liebe, Sehnsucht, reich und berühmt werden, zurück in die alte Heimat kommen, Freundschaft, Verlust, Streit, Ärger mit den Eltern oder in der Schule. Kritiker des Projektes, das in einer öffentlichen Schülerlesung und einer Zeitschrift mit den Schülertexten als Beilage in unserer Zeitung mündet, werfen den Texten Kitsch und Einfachheit vor. Aber genau das sind die Themen, die Jugendliche bewegen.
Auch das Thema "Selbstmord" treibt die Schüler immer wieder um. Und da haben sie schließlich einen großen Gleichgesinnten: Goethe schrieb sich als junger Mann seine Todessehnsucht in "Die Leiden des jungen Werthers" von der Seele. Selbstmord begangen hat er, wie man weiß, nicht. Ist ein Thema aus dem Kopf der Jugendlichen aufs Papier gelandet, spricht die Gruppe darüber, ist alles längst nicht mehr so schlimm. "Ich sehe vieles nun mit anderen Augen, seit ich es niedergeschrieben habe", sagt Aslihan.
Luca, den in Deutschland geborenen Italiener, treibt die Sehnsucht nach seiner Heimat um, die er in den schönsten Farben im Gedächtnis hat. Er beschreibt die wunderbare Landschaft und als er sie - in seiner Fantasie - wieder besucht, merkt er, gar nichts mehr ist schön. Er gehört nun nach Deutschland, das ist sein Fazit. Alexandra hingegen wünscht sich nichts mehr, als wieder in ihr Heimatland Italien zurückziehen zu können, auch das schreibt sie nieder.
Sarah, die Vielleserin, will es ihren Lieblingsautoren nachmachen und schreibt einen Fantasy-Roman - Woche für Woche verlängert sie ihn und beweist dabei höchste Kreativität. Shkurta hingegen macht in ihrem Text Mut, sich gegen Ungerechtigkeit und Gewalt zu wehren, auch in der Familie.
Und natürlich gibt es Liebesgedichte, Liebesgeschichten: verschmähte Liebe, große Liebe, Seelenverwandtschaft. So ist das halt in der Zeit des erwachenden Verliebtseins - da dreht sich alles um die Liebe. Der Sinn von "Deutsch geht gut", die Schüler durch die Schreibwerkstätten dazu zu animieren, sich ihre Themen zu suchen, alles niederzuschreiben, was sie umtreibt, geht auch im elften Jahr des Projektes auf.
"Mir geht es besser, wenn ich meinen Frust aufschreibe. Und auf die Rechtschreibung müssen wir auch nicht so achten", sagt Cansu. Die Rechtschreibung wird zwar von den Schreibdozenten korrigiert, aber nicht benotet. Einmal in der Woche geht es in den drei Haupt- und zwei Realschulen mal nicht um Noten.
Info Die öffentliche Schülerlesung findet am Mittwoch, 15. Mai, 16.30 Uhr, im Musiksaal der Schule im Sand statt. Der Schriftsteller Sasa Stanisic wird bei der Schülerlesung die Einführung sprechen. Am Dienstag, 14. Mai, 20 Uhr, liest Sasa Stanisic im Rahmen von "Deutsch geht gut" in der Bietigheimer Bücherstube.
Autor: GABRIELE SZCZEGULSKI | 29.04.2013
http://www.swp.de/bietigheim/lokales/bietigheim_bissingen/art1188806,1972668