Deutsch geht gut - Das Literaturprojekt in Bietigheim Bissingen

Vier Autoren auf einen Streich

Im elften Jahr hat sich "Deutsch geht gut" in der Stadt etabliert
In der Otto-Rombach-Bücherei fand am Mittwochabend zum elften Mal die öffentliche Lesung im Rahmen des Schulprojektes "Deutsch geht gut" statt. Mit einem Interesse, das noch nie so groß war.


Bürgermeister Joachim Kölz spricht aus, was viele denken: "Wann hat man denn die Gelegenheit, solch hervorragende und bereits bekannte Schriftsteller und dazu noch vier auf einmal, zu hören. Ich glaube, dass ,Deutsch geht gut jetzt in der Stadt einen Namen hat, bei den Bürgern angekommen ist und angenommen wird." Die öffentliche Lesungen am Mittwochabend in der Bücherei und am gestrigen Donnerstagabend in der Schule am Buch sind ein schönes Nebenprodukt eines Schülerprojektes für die Öffentlichkeit und sie haben sich mittlerweile zur liebgewonnenen Tradition bei einer wachsenden Gemeinde an Literaturfans gemausert und sind aus dem Veranstaltungskalender der Stadt nicht mehr wegzudenken.

Weitblick besaß Roland Bender vom Freundeskreis der Sandschule, der Initiator des Projektes, vor elf Jahren, als er es ins Leben rief, um Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, Literatur kennen zu lernen durch Autoren nichtdeutscher Herkunft, die sich aber die deutsche Sprache ausgesucht haben, um sich Gehör zu verschaffen. Aber Bender wollte von Anfang an, dass auch die Öffentlichkeit davon profitierte. Vielleicht, so kann man nach elf Jahren sagen, ist Bender gar nicht mehr so weit weg von seinem Wunschtraum, dass aus "Deutsch geht gut" ein richtiges Literaturfestival wird.

Die Weichen sind jedenfalls gestellt: Nie war der Andrang zur Lesung in der Otto-Rombach-Bücherei so groß, das Publikum so unterschiedlich wie am Mittwochabend. Sie alle wollten einen Querschnitt aus dem Wirken von Akos Doma, July Rabinowich, Sasa Stanisic und Nikol Ljublic hören.

Der 17-jährige Nico kam eigens mit seiner Mutter aus Bönnigheim. "Ein Freund von mir, der in Bietigheim zur Schule geht, hat gesagt, dass July Rabinowich richtig gut ist, da habe ich meine Mutter überredet, dass sie mich hinfährt", und Nicos Mutter ist so begeistert, dass sie gleich zwei Bücher am Stand der Bietigheimer Bücherstube kauft. Aber auch zwei ältere Damen aus Bissingen sind mit dem Bus hergefahren, weil "es selten die Gelegenheit gibt, junge, zeitgenössische Autoren kennen zu lernen und vielleicht bekommt man Lust, deren Bücher zu lesen", sagt eine der Beiden.

July Rabinowich ist noch vor der Lesung, wie sie sagt, "zu Tränen gerührt". Die österreichische Autorin mit russischen Wurzeln ist stark erkältet, will eigentlich ihren Aufenthalt in Bietigheim abbrechen. Eine Schülerin der Realschule Bissingen bringt ihr einen Ordner, den die Schüler in der Vorbereitung auf die Lesung mit viel Mühe für sie zusammen gestellt haben. "Bei denen lese ich erst am nächsten Tag", sagt sie, "also reiße ich mich zusammen und bleibe, da kann ich doch nicht einfach wegfahren".

Claus Stöckle, Rektor der Realschule im Aurain, sitzt in der Bücherei im Publikum und lacht aus vollem Hals bei dem Vortrag von Sasa Stanisic. Der Sohn einer Bosniakin und eines Serben liest nicht aus seinem Roman, sondern aus Texten, die nach einem witzigen Verfahren entstanden sind: Er ersetzt die Substantive in den zehn Geboten der Bibel, aus Sprichwörtern und im Grundgesetz durch Wörter, die er im Duden an exakt derselben Stelle, nur sechs Seiten weiter, findet. Er lässt das Publikum die Sprichwörter raten: "Gut Dirne will Wellblech haben", "Eine blinde Hummel findet auch ein Korsett", "Moschee hat Gott im Mundwasser", "Erst die Arbeitslosigkeit, dann die Verhaftung". Manchmal, so sagt Stanisic, entstehen aus diesem Spaß Ideen für ein neues Buch.

An diesem Abend haben viele Besucher Spaß aus den unterschiedlichsten Gründen, schließlich haben sie die Möglichkeit, vier verschiedenen Schriftstellern zuzuhören.
Redaktion: GABRIELE SZCZEGULSKI

 

Lasen in der Otto-Rombach-Bücherei: (v.li.) Sasa Stanisic, July Rabinowich, Nicol Ljubic und Akos Doma. Foto: Martin Kalb

 

http://www.bietigheimerzeitung.de/bz1/news/kultur_region_artikel.php?artikel=6708025