Gabriele Szczegulski | 18.01.2017
Trotz seines jungen Alters von 44 Jahren ist Jaroslav Rudis schon ein recht bekannter Schriftsteller, besonders in seiner Heimat Tschechien. Vor allem, und das können nur wenige Schriftsteller sagen, wurden schon Bücher von ihm verfilmt. Zum Beispiel „Grandhotel“, sein zweiter Roman nach „Der Himmel unter Berlin“, kam 2006 auf die Leinwand, genauso wie die Graphic Novel „Alois Nebel“ 2013. Nach Berlin kam der Tscheche, weil er ein Stipendium für ein Journalistik-Studium bekam, er lernte Deutsch und begann in dieser Sprache zu schreiben, bis heute, obwohl er mittlerweile wieder in Prag lebt.
Die Comic-Figur Alois Nebel, die er erfand, brachte ihm große Popularität ein und macht ihn auch für Jugendliche äußerst interessant, wie sich vielleicht beim Projekt „Deutsch geht gut“, an dem Rudis zum ersten Mal teilnimmt, bei den Schullesungen zeigen wird.
Sein jüngstes Buch auf Deutsch heißt „Nationalstraße“ und ist dramatisch und tragisch zugleich. Jaroslav Rudis nimmt sich gerne der Menschen an, die von der Geschichte zuerst bejubelt , dann gebeutelt und später fallen gelassen werden. Vandam zum Beispiel (der Name weist eine Ähnlichkeit zum Action-Star Jean-Claude Van Damme auf) war einer der Menschen, die am 17. November 1989 in Prag die „Samtene Revolution“ ins Rollen brachten. 25 Jahre später wohnt Vandam immer noch in einer lausigen Plattenbausiedlung, in der er aufgewachsen ist. Er ist kein Held mehr, sondern ein Schläger, der die Straßen Prags aufmischt und als Hooligan im Fußballstadion immer die rechte Hand hebt. Rudis gelingt es auf sehr eindrückliche Weise, sich des Kopfes dieses gescheiterten Mannes zu bemächtigen, zu zeigen, dass Vandam besessen ist von der Gewalt, die er als junger Mann noch ablehnte. Er ist gegen alles: gegen Homosexuelle, gegen Wohnsitzlose, Roma und Sinti und er will aus Tschchien wieder Böhmen machen.
Geschrieben ist das Buch als großer Monolog Vandams. Man kann gar nicht anders, als diesen tragischen Held schütteln zu wollen. Viele Bücherseiten lang hasst man den gewaltbereiten Hetzer voller Vorurteile. Und dann schleicht es sich ein, das Mitgefühl für den eigentlichen Verlierer. Und am Schluss will man nur noch eines: Ihn aus seinem Elend erretten.
Info Die Aktion „Deutsch geht gut“ findet in diesem Jahr vom 15. bis 17. Februar in fünf Schulen der Stadt Bietigheim-Bissingen statt. Am Mittwoch, 15. Februar, gibt es um 20 Uhr eine öffentliche Lesung der Autoren in der Otto-Rombach-Bücherei in der Bietigheimer Hauptstraße. In einer Serie stellt die BZ alle fünf beteiligten Autoren vor. Am 25. Januar folgt Nina Blazon.
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