Themen des 36-jährigen deutsch-polnischen Autors Mathias Nawarat sind das Erwachsenwerden und die Kritik an der Leistung um jeden Preis. Damit kommt er bei den Schülern des Projekts "Deutsch geht gut" sicher an.
GABRIELE SZCZEGULSKI | 28.01.2015
So ganz real sind die Handlungsstränge in den beiden Büchern "Wir zwei allein" und "Unternehmer" von Matthias Nawrat nicht. Macht aber nichts: Gerade die Überspitzung als Stilmittel machen diese Romane auch für Jugendliche spannend, humorvoll und lesenswert. Der Witz und der Sarkasmus sind unterschwellige Begleiter der Bücher, die aber genau deswegen Spaß machen.
Nawrat wird in den an "Deutsch geht gut" beteiligten Schulen vor allem aus seinem neuesten Buch "Unternehmer" lesen, das gerade für Schüler, die unter Leistungsdruck stehen und versuchen, den Forderungen der Erwachsenenwelt gerecht zu werden, ein Vergnügen ist.
Die 13-jährige Lipa in "Unternehmer" weiß schon ganz genau, wie das Leben funktioniert: Für sie sind Schüler Arbeitslose und Hobbys nicht mehr als eine nutzlose Beschäftigung. Urlaub ist was für Faulenzer. Sich mit einem Jungen zu treffen, bringt keinen Gewinn, also lässt man es. Statt im Unterricht zu pauken, nimmt Lipa lieber neben ihrem Vater und dem jüngeren Bruder Berti den Platz als Assistentin im Familienunternehmen ein. Denn, das wird ihr täglich eingebleut: Nur wenn sie beim Schrotthändler durch den Verkauf von vorher gesammeltem altem Metall genügend "Klimpergeld" zusammenbekommen, wird eines Tages der Traum vom Leben auf einem Bauernhof in Neuseeland wahr, von dem der Vater träumt. Aber ist es auch Lipas Traum?
In "Unternehmer" tut sich eine fast vergessene Welt auf. Hier gelten noch traditionelle Arbeitstugenden wie Fleiß, Pflichtbewusstsein und Ideenreichtum. Wofür braucht man da Schulbildung? Matthias Nawarat erzählt fast naiv vom Schulschwänzertum, ohne es zu verherrlichen, im fast objektiven Lipa-Ich-Stil. "Die Familie ist Kapitalgesellschaft, hat Vater einmal erklärt. Was man einträgt, darf man mit Profit zurückerwarten."
Lipa wächst auf im Glauben an eine unmittlebare Arbeit. Das was man tagsüber geschafft hat, wird einem abends in barer Münze ausbezahlt. Dann wird sie "arbeitslos" und muss zur Schule. Ihr Vater wurde krank und die freie Marktwirtschaft ist gnadenlos, das Unternehmen geht den Bach runter. Amüsant erzählt Nawarat von einem ausgestorbenen Unternehmertum, das in einem, so scheint es, unberührten Fleckchen Erde stattfindet, dem Schwarzwald, und auch eine Liebeserklärung an diesen ist. Vor allem aber ist sein Roman einer über die Ecken und Kanten des Erwachsenwerdens, das immer problembehaftet ist, ob als Unternehmerkind oder als Schüler.
Info
Matthias Nawarat, "Unternehmer", Rowohlt-Verlag, 16, 95 Euro.