"Deutsch geht gut": Konfrontation mit der Wahrheit
Der Aachener Autor Ortwin Ramadan schreibt hauptsächlich für Kinder und Jugendliche. Er hat die "Superpiraten" erfunden. Mit "Der Schrei des Löwen" kommt er in die Schulen, die an "Deutsch geht gut" teilnehmen.
GABRIELE SZCZEGULSKI | 21.01.2015
Er schreibe, so sagt der kinderlose Halb-Ägypter Ortwin Ramadan, "für das Kind in sich". Er hat die in Kinderkreisen bekannten mulitkulturellen "Superpiraten" erfunden. Das sind vier Freunde und ein Papagei, die durch dick und dünn gehen, Begegnungen mit Außerirdischen und Drachen, Zeitreisen und Abenteuer auf hoher See inklusive. "Super" sind diese Piraten, weil sie eine Geheimwaffe besitzen, die ihnen zu übernatürlichen Kräften verhilft. Autor der vier "Superpiraten"-Bücher für Kinder ab acht Jahren ist der Journalist und Film- und Fernsehautor Ortwin Ramadan. Ein wiederkehrendes Motiv in Ramadans Büchern ist die Multikulturalität: Lars ist der einzige Deutsche in der Clique, Yuki hat eine japanische Mutter, Timur ist Türke, Boogie ist farbig.
Mit dieser Multikulturalität in seinen Büchern und seiner eigenen Herkunft als gebürtiger Aachener mit ägyptischen Wurzeln passt Ortwin Ramadan ins Schema von "Deutsch geht gut", dem Literaturprojekt der Arbeitsgruppe der Freundeskreise der Sandschule, der Waldschule und der Realschulen im Aurain und Bissingen. Die Thematik passt aber auch zu den Schülern, die ihm vom 3. bis 6. Februar in seinen Lesungen begegnen werden. Denn die Klassen in den Schülern sind genauso multikulturell wie die "Superpiraten".
In dieser Woche erscheint sein neuestes Buch für Jugendliche und junge Erwachsene, "T.R.O.J.A.-Komplex". Das Buch spielt in der Zukunft. Nico ist ein angehender Agent beim FBI, doch bei seiner Aufnahmefeier wird er von einer geheimen Organisation in das TROJA-Projekt eingeweiht. Jeder Mensch hat Nanobots in seinem Blutkreislauf, die normalerweise die Gesundheitsdaten der Menschen ablesen sollen. Die verdeckte Organisation zapft diese Nanobots nun an den Sehnerv mancher Menschen an, um sie auszuspionieren. Ein überaus aktuelles Thema, mit dem es ihm gelingt, die Probleme der Gesellschaft für Jugendliche spannend aufzubereiten, so dass sie - wie nebenbei beim Lesen und überhaupt nicht oberlehrerhaft - sich mit einer aktuellen Situation zu beschäftigen. Hier ist es der gläserne Mensch.
Lesen wird Ortwin Ramadan allerdings nicht aus den spannenden Abenteuern der "Superpiraten" oder des FBI-Agenten Nico, sondern aus seinem Buch "Der Schrei des Löwen", das in einigen deutschen Schulen schon Unterrichtsstoff ist. Und darin geht es um ein sehr aktuelles Thema: um Flüchtlinge, die mit Schlepperbanden vom afrikanischen Kontinent nach Europa flüchten, um ein besseres, sicheres Leben zu führen. In diesem Fall sind es zwei Jungs aus Nigeria, die in ihrem Heimatland dem Hungertod nahe und Gewalt ausgesetzt sind und auf der Straße leben. Yoba flieht mit seinem kranken und autistischen Bruder Chioke aus seiner Heimat Nigeria, nachdem sie grausamen Stammesritualen und der Gewalt von Straßengangs entkommen sind. Es gibt leider kein Happyend - wie in der Realität oft auch nicht. Die gefahrvolle Reise der beiden skizziert Ramadan in einfachen Worten, unverblümt und nichts beschönigend.
Im Internet finden sich viele jugendliche Kommentare zu Ramadans Buch. Positive Kommentare von Jugendlichen, die es gut finden, dass der Autor dieses Thema aufnahm. Das zeigt ein Zitat von "Charlouise": "Dieses Buch ist ein großer Schatz, denn er vermag es, die Sprache der Jugendlichen zu treffen. Dieses Buch ist für uns geschrieben. Viele Erwachsene werden das nicht verstehen, denn meist sind sie es, die für uns die Jugendbücher aussuchen und dieses Buch zu realistisch finden, aber meine Freunde und ich fanden es gut, endlich mit der Wahrheit konfrontiert zu werden."
Wahrscheinlich werden das auch die mehreren hundert Schüler der Sand- und Waldschule sowie der Realschulen im Aurain und Bissingen finden und mit Ortwin Ramadan über die Flüchtlingsthematik und die Situation in afrikanischen Ländern diskutieren - Themen, die nach dem Mord an 2000 nigerischen Menschen, hauptsächlich Frauen und Kindern, durch die islamistische Organisation Boko Haram sowie den Pegida-Demonstrationen gegen eine "Islamisierung des Abendlandes" von brennender Aktualität sind.
Info
Ortwin Ramadan, "Der Schrei des Löwen", Carlsen-Verlag, 6,99 Euro. Der Autor liest im Rahmen von "Deutsch geht gut" nicht nur in den Schulen, sondern auch öffentlich mit seinen Mitstreitern am Mittwoch, 4. Februar, ab 20 Uhr in der Otto-Rombach-Bücherei in Bietigheim und am Donnerstag, 5. Februar, 18 Uhr, in der Realschule Bissingen.