Deutsch geht gut - Das Literaturprojekt in Bietigheim Bissingen

Deutsch ist keine Liebe auf den ersten Blick

Vorstellung aller fünf Autoren von "Deutsch geht gut" in der Otto-Rombach-Bücherei in einer Lesung


Im Rahmen des Literaturprojekts "Deutsch geht gut" fand in der Otto-Rombach-Bücherei eine Lesung mit Autoren aus fünf Nationalitäten statt - mit überraschend neuen Sichtweisen auf die deutsche Sprache.

Er ist nicht nur Schriftsteller, sondern ein wahrer "Geschichten-Erzähler": Ghazi Abdel-Qadir, geboren 1948 in Palästina, eröffnete mit seiner Lesung aus seinem ersten, auf Deutsch geschriebenen Roman "Abdallah und ich" die Autorenlesung in der vollbesetzten Otto-Rombach-Bücherei. Er erklärte verschmitzt und gestenreich die Steigerung von "Dieb": Dieb - Gauner - Politiker.

Damit hatte er die Sympathien der Zuhörer schon auf seiner Seite, denen er dann Auszüge aus seinem Roman vorlas, der aus der Sicht eines achtjährigen Kindes geschrieben wurde. Deutsch lernte Abdel-Qadir "gezwungenermaßen", als er in Siegen einen Studienplatz für Germanistik bekam, ohne ein Wort Deutsch zu können.

Und wie lernt man die deutsche Sprache? "Indem man schwört, 30 Wörter auswendig zu lernen, bevor man ins Bett geht", meinte Abdel-Qadir. Über 50 Bücher, vor allem auch Kinder- und Jugendbücher, die in mehr als 26 Sprachen übersetzt worden sind, haben den seit 1988 in Deutschland lebenden Schriftsteller bekannt gemacht.

Maria Cecilia Barbetta, geboren 1972 in Buenos Aires, lebt in Berlin und erhielt den Aspekte-Literaturpreis und den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis für ihr Erstlingswerk "Änderungsschneiderei Los Milagros".

Die Geschichte der jungen Schneiderin Mariana Nalo sei durch einen Zufall entstanden: Barbetta entdeckte eines Tages in Berlin ein Schild im Schaufenster einer Schneiderei, auf dem stand: "Änderungen von Damen" und darunter "Kinder- und Herrenkleidung". Der fehlende Bindestrich bei "Damen" inspirierte Barbetta zu ihrem Roman, der zum Teil auch authentisch gefärbt ist.

Carmine Gino Chiellino wurde 1946 in Kalabrien, Italien geboren. Der Lyriker wurde 1987 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. Er begann 1972 mit dem Schreiben in deutscher Sprache. Aus seinem aktuellen Werk "Landschaft aus Menschen und Tagen" trug Chiellino verschiedene Gedichte vor, die durch eine sehr poetische und qualitativ hochwertige Sprache geprägt sind. Beeinflusst wurde er durch die deutschen Klassiker, wie zum Beispiel Hölderlin. Die vierte Autorin des Abends stammt aus Split, Kroatien: Natasa Dragnic wurde dort 1965 geboren und studierte in Zagreb Deutsch und Romanistik. Seit 1994 lebt sie in Erlangen. Ihr erster Roman "Jeden Tag, jede Stunde" erscheint offiziell am 21. Februar.

Er handelt von der Liebesgeschichte um Dora und Luka, die sich als Kinder in einem kleinen kroatischen Dorf kennen lernen und sich nach 16 Jahren in Paris wieder begegnen. Sprachlich sehr emotional und mitreißend verspricht ihr Erstlingswerk schon jetzt ein Bestseller zu werden.

Marjana Gaponenko beendete als jüngste Autorin (geboren 1981 in Odessa, Ukraine) den Abend mit der Lesung aus ihrem Erstlingsroman "Annuschka Blume". Sie schreibt seit 1996 auf Deutsch und gestand, dass sie "Deutsch am Anfang grauenvoll fand" und es "keine Liebe auf den ersten Blick" war. Aber der "strenge Klang" der Sprache, der sie automatisch eine "gerade Haltung beim Sitzen" einnehmen ließ, faszinierte sie dann so sehr, dass es ihr Spaß machte, Deutsch zu lernen.

Alle Autoren überzeugten das Publikum durch ihren virtuosen Umgang mit der deutschen Sprache, in der sie sich mit Themen des alltäglichen Lebens auseinandersetzen. Und sie öffnen damit den Blick auf die Feinheiten und Möglichkeiten deutscher Ausdrucksfähigkeit, die einem als "Muttersprachler" manchmal gar nicht mehr bewusst ist. Die Begeisterung der fünf ausländischen Autoren für die deutsche Sprache ist damit auch ganz im Sinne des Literaturprojekts "Deutsch geht gut", das Schülern der Werkreal- und Realschulen Mut zum Schreiben machen soll. Eine ausgesprochene facettenreiche Autorenlesung in der Otto-Rombach-Bücherei, die das Publikum mit viel Applaus honorierte.
Redaktion: BETTINA NOWAKOWSKI

 

Maria Cecilia Barbetta, Marjana Gaponenko, Carmine Gino Chiellino, Ghazi Abdel-Qadir und Natasa Dragnic lasen in der Bücherei.

Foto: Helmut Pangerl