Ghazi Abdel-Qadir eröffnet "Deutsch geht gut" mit Grundschülern
Heute beginnen die Lesungen von fünf Autoren in den Haupt- und Realschulen der Stadt im Rahmen des Projektes "Deutsch geht gut". Ghazi Abdel-Qadir las gestern vorab schon vor Grundschülern der Sandschule.
"Ich bin ein Schreiber", so stellte sich Ghazi Abdel-Qadir den Dritt- und Viertklässlern der Sandschule vor. "Mit meinen Händen kann ich nur schreiben", so sagt der in Nazareth in Palästina Geborene. "Ich will euch zeigen, dass alle Menschen friedlich miteinander leben können", verkündet der Schriftsteller seine Botschaft, die ihn, so erklärt er, auch dazu anhält, Kinderbücher zu schreiben.
Und die Zahl seiner Veröffentlichungen kann sich sehen lassen: Es sind an die 50 Bücher und Artikel in Sammelbänden, wie erst kürzlich in dem Band "Mensch sucht Sinn - Fünf Erlebnisse mit den Weltreligionen", in dem Ghazi Abdel-Qadir seinen Helden Tarik über den Islam erzählen lässt.
Um während des Projektes "Deutsch geht gut", das heute offiziell beginnt und das sich hauptsächlich an Haupt- und Realschüler richtet, auch Grundschüler davon profitieren zu lassen, verpflichteten Roland Bender und Ulrike Diesse, im Freundeskreis der Sandschule engagiert und Organisatoren des Projektes, den Schriftsteller. Fünf Autoren nichtdeutscher Herkunft, die auf Deutsch ihre Bücher verfassen, sollen den Schülern zeigen, wie wichtig Sprache ist.
Am Montagabend gab es mit den Bietigheimer Vorlesepaten ein Autorengespräch, in dem Abdel-Qadir seine Bücher vorstellte, die zwar hoch-pädagogisch wirken, aber mit der Sprache der Kinder sprechen. Der Autor, der erst mit 29 Jahren die deutsche Sprache lernte, versteht es, Kinder mit Stimme, Bewegungen und seinen Erzählungen in seinen Bann zu ziehen.
Eine Lesung ist seine Geschichtenerzählstunde keinesfalls, vor allem da Abdel-Qadir seine Geschichten alle auswendig vorträgt. "Das kommt von dem Auswendiglernen der Suren, dann geht das Textemerken wie von selbst", sagt der Moslem, der das spielerische Lernen von Texten für Kinder als sehr wichtig erachtet, um zu lernen, "aber ohne Drill".
Ghazi Abdel-Qadir erweist sich als ein in der arabischen Tradition stehender, einfühlsamer Erzähler, der die Kinder in Welten einführt, die ihnen eigentlich fremd sind.
Auf Fragen der Kinder antwortet er mit kindlicher Neugier mit Gegenfragen. "Warum" ist sein liebstes Fragewort, und den Kindern gefällt das, sie hören zu, weil er sie ernstnimmt.
Er erzählt von seinem Freund Mustafa mit dem Bauchladen - und siehe da, es weiß sogar ein Mädchen, was ein Bauchladen ist. Denn wer verkauft heute noch Kaugummis und Taschentücher wie ein fliegender Händler? Mustafa schon, der mit seiner Familie aus dem Libanon nach Kuwait flieht, weil in seiner Heimat Krieg ist. In dem Erdölland geht es der Familie gut. Die Sandschüler staunen, wie glücklich Mustafa über fließend Wasser ist und wie froh Fladenbrot machen kann. Dann sterben Mustafas Mutter und Geschwister bei einem Unfall. Der Vater kann nicht weinen, "weil man ihm beigebracht hat, dass ein Mann nicht weinen darf, was nicht richtig ist, denn weinen ist fast wichtiger als lachen, weil es den Schmerz rauslässt", erklärt Abdel-Qadir.
Innerhalb weniger Minuten und ohne die Kinder zu überfordern, zeigt der Schriftsteller ihnen Probleme, die sie nur dem Namen nach kennen. Und bekommt zum Dank ihr Verständnis und als Lohn die Hoffnung, dass er damit ein bisschen dafür gesorgt hat, dass diese Kinder nun auf Menschen, die anders sind als sie, verständnisvoller zugehen. "Kinder sind die Zukunft, wenn wir es jetzt richtig anpacken, wird die Welt durch sie vielleicht einmal besser", wünscht sich der Schriftsteller und beweist mit seiner Lesung einmal mehr, wie wichtig integrative Projekte wie "Deutsch geht gut" sind.
Redaktion: GABRIELE SZCZEGULSKI
Bild zum Artikel: Schreiber in Friedensmission
Ghazi Abdel-Qadir ist ein wunderbarer Erzähler, der die Kinder in seinen Bann zog. Foto: Martin Kalb Ghazi Abdel-Qadir ist ein wunderbarer Erzähler, der die Kinder in seinen Bann zog. Foto: Martin Kalb