Teilnehmende der Schreibwerkstatt an der Realschule Bissingen
mit dem Dozenten Olaf Nägele
Finn Stöhr 8c
Luca Trautmann 9b
Juliette Dischner 8b
Julia Kuttner 8b
Tessa Beuttenmüller 8b
Kim Wendland 8a
Jessica Godfrey 8a
Celine Glaeser 8a
Flavia kempf 8a
Adele Hirschfeld 8a
Lowis Falkenberger 8b
Elena Kourou
Luca Trautmann, 9b
Steve
Es war ein Tag wie dieser. Tautropfen schimmerten auf dem Gras und der süße Duft von Karamell und Schokolade lag in der Luft. Irgendwo in der Ferne rief ein Käuzchen seine Laute in die Nacht hinein. Sonst war alles still. Ich schritt durch das menschenleere Dorf und zuckte zusammen, als eine Maus durch das nasse Laub rannte. Vorsichtig schnüffelte sie nach etwas Essbarem. Langsam ging ich weiter. Am Ende der Straße saß eine kleine Katze. Sie blickte mich an, als ob sie mir etwas sagen wollte und machte sich ganz klein. Ihre großen, vor Angst geweiteten Augen verfolgten ganz genau, wie ich langsam auf sie zukam und mich zu ihr niederbeugte. Ich streckte meine Hand aus. Vorsichtig kam sie näher, blieb jedoch vor mir sitzen. Ich wagte nicht, mich zu bewegen. Ich wollte sie nicht erschrecken, also blieb ich einfach, wo ich war. Plötzlich blickte sie auf. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und sie sträubte ihr Fell. Mit einem Satz war sie wieder auf den Beinen und verschwand hinter einer umgeworfenen Mülltonne. Ich wusste, etwas musste ihr Angst gemacht haben, deshalb blieb ich wachsam. Hinter mir fiel etwas um. Ich wirbelte herum und sah einen Mann. Er trug schwarze Kleidung und hatte eine dunkle Sonnenbrille auf. Auch sonst strahlte er etwas Unangenehmes aus. Seine Anwesenheit hatte etwas bedrückendes, etwas beängstigendes. Hinter mir fauchte die Katze und machte den Anschein, den Neuankömmling anzugreifen, blieb aber in ihrem Versteck. Auch ich blieb wachsam. "Wer bist du?", fragte ich. "Und was willst du von mir?"
"Mein Name ist Steve", sagte der Mann und nahm die Sonnenbrille ab. "Und ich komme, um dich um Hilfe zu bitten!"
Langsam liefen wir durch das verlassene Dorf. Mittlerweile prasselten unaufhörlich dicke Regentropfen auf uns ein. Ich zog mir meine durchnässte Kapuze noch tiefer ins Gesicht, kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich auf meinen Weg, weswegen ich fast mit Steve zusammenstieß.
"Warte hier", sagte er und verschwand im dichten Regen. Ich lehnte mich an eine Wand und versuchte unter einem kleinen Vordach Schutz zu suchen – vergeblich. In der Ferne hörte ich Donnergrollen. Ein Gewitter kam von Osten und der Wind frischte auf. Ich sah mich um. Die zerfallenen Häuser standen bedrohlich da, hatten vereinzelt zersplitterte Fenster und das Haus, an das ich mich lehnte, war, wie bei vielen, von Efeu befallen. Während ich meinen Blick durch die Gegend schweifen ließ, bemerkte ich im Augenwinkel eine Bewegung. Meine Augen fixierten ein Haus. Es war anders als die anderen Häuser, irgendwie kleiner. Die Fenster waren auch teilweise zerbrochen, jedoch nicht alle. Und durch ein Fenster, welches noch in gutem Zustand war, hatte ich etwas gesehen. Ich wusste nicht was, aber es hatte sich bewegt. Ich zögerte nicht lange und schlich auf das Haus zu. Ich glaubte im Inneren ein Licht zu sehen. Jetzt stand ich vor dem Fenster und streckte meine Hand aus. Das Fenster war kalt und nass und quietschte erbärmlich, als ich es öffnete. Meine Hand zitterte, als ich in meine Jackentasche griff und nach meiner Taschenlampe tastete. Ich fand sie und schaltete sie an, doch sie leuchtete nur schwach. Ich nahm Schwung und dann... War ich drinnen.
Ich sah mich um, die Luft stank eklig. Schräg gegenüber stand ein Schrank, welcher über und über mit Spinnenweben überzogen war. Den Gang links entlang ging eine Treppe runter. Unten beleuchtete eine Fackel einen kleinen Raum. Wenn ich nach rechts gehen würde, hätte ich eine große Eingangshalle vor mir. "Licht ist gut. Wo Licht ist, da ist es sicher", dachte ich mir und wollte mich gerade der Treppe zuwenden, da bemerkte ich einen Schatten im Augenwinkel. Mein Blick fiel auf eine kleine Schublade im unteren Teil. Langsam ging ich in die Knie und machte sie auf. Grauer Nebel kam in dichten Schwaden heraus und hüllte mich ein. Mir wurde schwummerig und ich sah schwarze Punkte vor meinen Augen, die immer größer wurden. Ich wusste, ich war in diesem Haus, doch meine Sinne waren wie benebelt. Ich war nicht mehr ganz bei Bewusstsein. Ich torkelte, fiel hin. Ich schmeckte Blut im Rachen, realisierte nur schwer, dass es von meiner Nase kam. Ich raffte mich wieder auf und hatte nur noch eines im Sinn: Raus hier! Wo war der Ausgang? Ich drehte mich einmal im Kreis und sah ihn! Ich wusste, ich war nicht ganz bei Bewusstsein, doch ich war mir zu 100% sicher, dass Steve gerade hinter einem der Schränke verschwunden war. Ich stöhnte. Kopfschmerzen plagten mich und zwangen mich wieder zurück auf den Boden. Meine Glieder waren schwer wie Blei. Ich rappelte mich erneut auf, ging ein paar Schritte und lehnte mich wieder an eine Wand. Vor meinen Augen verschwamm alles. Dann war alles weg! Ich sah das Fenster, durch das ich in dieses Irrenhaus gekommen war, klar und deutlich vor mir, der Schmerz war wie weggeblasen. Ich drehte mich langsam nach rechts. Steve stand vor mir und lächelte. Dann wurde alles dunkel.
Das erste, was ich sah, war ein helles Licht, so hell, dass ich meine Augen wieder schließen musste. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah Steve, wie er am anderen Ende des Raumes stand. Steve schaute aus dem Fenster. Er schien auf etwas zu warten und hatte gerade keine Augen für mich, also rappelte ich mich vorsichtig auf und schlich hinter ein altes Bett. Ich suchte verzweifelt einen Ausgang, doch die einzige Tür in diesem Raum wurde von Steve bewacht. Ich schaute zur Seite und sah meine Rettung. Ein Fenster, nur wenige Schritte von mir entfernt, war leicht angelehnt und groß genug, um herauszukommen. Ich kroch auf das Fenster zu und wollte es gerade ganz öffnen, da stand Steve vor mir! Er lächelte. "Na, sind wir auch schon wach?", fragte er und fuhr mit seinem Finger langsam über meine Stirn. An meinem Hals hielt er inne und zückte ein Messer. Er kam näher und flüsterte mir ins Ohr: „Abhauen bringt nichts. Wenn ich dich töten wollte, hätte ich es schon längst getan... aber es ist nicht meine Absicht dich zu töten. Noch nicht."
Damit ließ er von mir ab und ich atmete auf. Ich wollte nicht hier bleiben, ich wollte hier raus! Ich überlegte krampfhaft, wie ich an ihm vorbei kommen konnte. Da hörte ich ein leises Kratzen. Ich drehte meinen Kopf und sah wieder die Katze. Sie blickte mich an, mit ihren großen schwarzen Augen. Ich verstand und schaute zu Steve. Dieser hatte wieder seinen Blick fest nach draußen gerichtet. Langsam öffnete ich das Fenster, welches erstaunlicherweise nicht knarrte. Auf leisen Pfoten schlich sie hinein und lief schnurstracks auf Steve zu. Dieser schaute zu ihr herunter und rollte mit den Augen. „Was willst du? Bei mir gibt es nichts zu essen! Verschwinde!" Die Katze miaute und schaute unablässig in meine Richtung! Wollte sie mich etwa verraten? Sie miaute weiter und Steve lächelte...
„Ach so. Ja, ich weiß, da liegt jemand hinterm Bett, mach dir keine Sorgen, der.... Moment. Wieso ist das Fenster offen? Wie bist du überhaupt rein gekommen, wie..." Seine Mine verfinsterte sich. „Jetzt sieh mal einer an. Er hat es doch tatsächlich geschafft zu fliehen! Respekt! Aber weit kommt er nicht, das ist sicher. Spätestens am Fluss wird er geschnappt. Ich warte dann dort auf ihn. Danke, kleine Katze."
Und damit rannte er los. Die Katze hatte es doch wirklich geschafft, ihn wegzulocken! Sie saß da und leckte ihre Pfoten. Dann stand sie auf und schaute mich an. In kleinen Trippelschritten entfernte sie sich und blickte zurück. Ich folgte ihr und sie führte mich durch ein Labyrinth aus Gängen und Türen, bis sie mich zu jenem Fenster brachte, wo alles anfing. Ich trat ins Freie. Der Regen hatte aufgehört und die Sonne wärmte mein Gesicht. Ich blickte nach unten, wo die Katze eben noch saß, doch sie war verschwunden. Es war für mich das Beste, auch von hier zu verschwinden.
Jetzt, 4 Jahre später, konnte ich mich immer noch nicht richtig bei ihr bedanken, doch ich bin ihr noch immer noch dankbar. Vielleicht kann ich das fehlende "Danke" irgendwann nachholen, wer weiß?
Luca Trautmann
Juliette Dischner, 8 b
Und plötzlich ist alles anders
Ich, Ayla, war ein ganz normales 16-jähriges Mädchen, bis zu jenem Tag, an dem alles geschah. Meine Freundinnen und ich freuten uns, einen Tag zusammen in der Stadt zu verbringen. Wir wollten endlich mal wieder einen Tag für uns haben und uns von den ganzen Bombenanschlägen und den Explosionsgeräuschen erholen. Die Bombenanschläge rund um meine Stadt waren allmählich zur Gewohnheit geworden. Doch so wie jeder andere um mich herum, konnte ich mir nie vorstellen, dass mir selber jemals so etwas passieren würde.
Zu Hause angekommen, rannte mir mein süßer Hund „Chico“ entgegen. Meine Mutter war auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen. Leise ging ich die Treppe nach oben in mein Zimmer. Bis zu jenem Zeitpunkt war alles noch okay.
Keine fünf Minuten später hörte ich einen ohrenbetäubenden, lauten Knall. Die Wände meines Zimmers fingen an zu zittern. Ich rannte runter, um zu sehen, ob meine Mutter das auch mitbekommen hatte. Sie saß aufrecht und mit erschrockener Miene da. Sie sagte, ich solle meine kleine Schwester ganz schnell holen. Ich mochte meine Schwester nicht besonders, da sie mich ständig nervte, doch in diesem Moment wollte ich nur eines: Sie beschützen.
Mit meiner kleinen Schwester im Arm und meiner Mutter an meiner Seite rannten wir schnell raus auf die Straße. Draußen angekommen blickten wir zum Geschehen. Die Straße runter, das Haus von unserem Nachbarn, es lag komplett in Trümmern. Eigentlich fand ich ihn immer recht komisch, da er uns immer ansah, als hätten wir was zu verbergen, doch jetzt tat er mir nur noch leid. Über dem Haus lag eine große dunkle Rauchwolke, die Häuser drumrum waren sehr stark beschädigt. Wir rannten um unser Leben. Am Himmel flogen immer noch Flugzeuge die Bomben abwarfen.
Der Moment, wenn man dem Tod direkt gegenübersteht. Man schaut ihm tief in die Augen und sieht sein grausames Grinsen. Überleben oder Sterben, Kämpfen oder Aufgeben, das war in diesem Moment das einzige, was zählte. Ich wusste nicht, wo ich hinrannte. Ich sah alles verschwommen, wie durch eine Milchglasscheibe. Ich folgte meiner Mutter. Scheinbar wusste sie genau, wo wir hinrannten. Kurze Zeit später kamen wir an einem kleinen Hafen an, den ich zuvor noch nie bemerkt hatte. Meine Mutter erzählte mir, dass das ein Hafen sei, an dem Schiffe lagen, die für viel Geld illegal Flüchtlinge nach Deutschland transportierten. Keine fünf Minuten später kam ein großer Frachter. Es sah aus, als würden große Maschinen damit transportiert werden. Zusammen mit anderen Flüchtlingen, die ebenfalls schon am Hafen standen, wurden wir durch den Frachter geführt. Wir liefen unendlich viele Treppen nach unten, bis wir ganz unten ankamen. In einem Raum saßen bereits einige Menschen am Boden. Ein Mann bat uns, uns zu setzen, leise zu sein und nicht raus zu kommen.
Einige Tage vergingen und wir hockten immer noch im Dunkeln da. Die Essensvorräte waren schon verbraucht. Überall stank es und Käfer krabbelten am Boden herum. Meine Zeitorientierung hatte ich bereits verloren.
So verging eine gefühlte Ewigkeit. Doch dann spürte ich das Anhalten des Frachters. Zwei Männer kamen und gaben uns die Anweisung, sofort vom Frachter runterzugehen. Einer nach dem anderen stiegen wir die Treppen hinauf. Ich sah die ersten Sonnenstrahlen seit langer Zeit. Die Männer sagten, wir sollten draußen stehen bleiben. Wir standen auf einem riesigen, verlassenen Strand. Weit und breit sah ich keine Menschenseele.
Der Frachter fuhr weiter. Ich hatte Angst, ich wusste nicht, wo ich war. Wir hatten nichts zu essen, nichts zu trinken, keine Kleidung zum wechseln und waren komplett auf uns alleine gestellt. Die Angst überkam mich und schließlich brachen die Tränen aus mir raus, ich fiel zu Boden.
Keine Ahnung, wie lange ich so lag, aber als ich erwachte, konnte ich es kaum glauben: Eine ältere Frau lief keine dreißig Meter entfernt am Strand mit ihrem Hund spazieren. Sie lief in unsere Richtung und sprach uns in einer Sprache an, die wir nicht verstanden. Ich dachte, dass sie meine letzte Hoffnung war und bettelte die Frau mit Tränen in den Augen an, mich und meine Familie mitzunehmen. Die gutmütige Frau sah uns die Hilflosigkeit an und nahm uns letztendlich dann mit zu ihr nach Hause, wo wir duschen, essen und uns hinlegen durften. Wir durften einige Tage bei der Frau bleiben. Sie brachte uns zum Flüchtlingsheim in der Nähe, wo sie uns vorstellte. Die Mitarbeiter dort nahmen uns freundlich auf und gaben mir, meiner Mutter und meiner kleinen Schwester ein Zimmer. Ich war sehr froh, dass ich gemeinsam mit meiner Familie überlebt hatte und hoffte, dass wir in Frieden weiterleben würden und der Hass auf der Welt aufhören würde. Aber die Angst, wieder in mein Land abgeschoben zu werden, wo es Bombenanschläge und ständige Unruhe gab, blieb.
Liebes Tagebuch,
Ich hätte nie gedacht, dass alles wieder so gut werden würde. Alles ist wieder so wie früher, sogar noch schöner. Der wöchentliche Besuch in der Selbsthilfegruppe macht mich immer stärker. Klar, geht es mir noch nicht supergut, aber vielleicht ändert sich das ja noch. Spencer aus der Selbsthilfegruppe hat mir den Tipp gegeben, meine Vergangenheit aufzuschreiben, um besser damit umgehen zu können und darüber hinweg zu kommen. Das werde ich auch machen. Sobald ich es fertig aufgeschrieben habe, ist für mich dieses Kapitel meines Lebens abgeschlossen. Und ich werde es niemals wieder öffnen.
Die Geschichte nahm ihren Lauf an meinem 17. Geburtstag. Bella und Sophia holten mich ab, wir drei waren unzertrennlich.
„Alle sagen, ich soll eine Geburtstagsparty schmeißen. Ich weiß nicht recht: Der 17. Geburtstag ist doch nichts besonderes.‘‘
Sophia antwortete: „Du spinnst. Wenn du eine Party machst, bekommst du Geschenke, Geld, Schmuck.“
„Sophia, du hättest auch keine Lust eine Party zu feiern, wenn dein Vater vor drei Monaten ausgezogen wäre“, erwiderte Bella.
„Ey das ist mir egal, das ist nicht der Grund“, sagte ich.
Bella meinte, wir sollten meinen 17. Geburtstag wie meinen 11. feiern: Fingernägel lackieren und so.
Als wir an der Schule ankamen, fragte mich Sophia, was ich zu Victoria gesagt hätte, was sie so sauer gemacht hatte. „Nichts. Nur, dass ich es besser finde, bis zum 18. Geburtstag zu warten, bevor es aufs Ganze geht“, antwortete ich.
Sophia lachte: „Sie macht es doch schon seit der 9 Klasse.“
Kaum redeten wir über Victoria, kam sie uns schon entgegen, natürlich mit ihrer Clique: „Haha, die Schuhe hat mein Bruder auch und der ist 11“, stänkerte sie.
Die Mädchen aus ihrer Clique fingen an zu lachen. Wir ignorierten sie und liefen einfach weiter. Wir gingen zu meinem Schließfach.
Bella und Sophia redeten über irgendwelche Hausaufgaben, während ich die Augen nicht von Elijha lassen konnte. Er ist einer der Sportler und in meiner Geschichtsklasse. Er ist so heiß. Als Sophia mich etwas gefragt hatte, bemerkte sie, dass ich nicht ansprechbar war. Sie wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht und fragte: „Die Definition von Begierde?“
Ich antwortete: ,,Jedes mal, wenn ich ihn sehe, bleibt mir die Luft weg.“
Emma sagte mürrisch: „Elijha ist nur ein dummer Sportler.“
Sophia versuchte, mich aufzumuntern: „Hättest du Qulickstar, könntest du ihm jeden Tag schreiben.“
„Du weißt ganz genau, wie meine Mutter ist“, antwortete ich. „Wir haben nur einen Laptop und der ist für alle und mit so einer ÜberwachungsApp kann sie auch nein Handy überwachen, also kann ich das vergessen.“
Ich bog in den Geschichtsraum rein und hörte Bella noch zu Sophia sagen: „Wie hält sie es nur ohne Internet aus?“
Unsere Lehrerin begann den Unterricht ziemlich komisch, aber ich begriff schnell, worauf sie hinaus wollte: „Genau am heutigen Tag erblickte William Shakespeare das Licht der Welt, das war 1564 . Der allererste Kinofilm wurde 1896 gezeigt. Und an diesem Tag, nicht ganz solange her, wurde Grace Baker geboren. Alles Gute zum Geburtstag, Grace.“
Alle drehten sich zu mir um und wünschten mir alles Gute. Schüchtern bedankte ich mich. Als es wieder still wurde, spürte ich einen Finger auf meiner Schulter, ich drehte mich um.
„Mein Vater hat heute auch Geburtstag“, flüsterte Elijha.
Ich bekam nur ein ,,Cool´´ raus, lächelte, und drehte mich wieder um.
Nach dem Geschichtsunterricht hatte ich Sportunterricht. Wie immer waren Bella und ich die letzten beim umziehen. „Als er meine Schulter berührt hat, war das wie ein Stromschlag, es hat voll gekribbelt“, sagte ich.
Bella lachte. Ich hatte das Gefühl, dass sie wusste, dass ich auf Elijah stand.
,,Denkst du, er lädt mich auf den Abschlussball ein?“, fragte ich.
,,NEIN!´´ Bella schien sauer zu sein. „Elijha Standall ist kein Romantiker, er ist im Basketballteam, im selben Team wie Alex.´´
Ich versuchte ihr auszureden, dass Elijha so sei wie Alex, aber sie war höchster Überzeugung: „Ich bin einmal mit ihm abgehangen. Alex hat mich verführt, er hat bekommen, was er wollte und hat dann nie wieder mit mir gesprochen.“
Sie tat mir leid, aber ich wiederholte, dass Elijha nicht wie Alex war.
Sie wurde richtig sauer: ,,Es wäre dumm, wenn du dir von so einem den Kopf verdrehen lässt. Dein Dad hat euch für eine 25-jährige Tusse verlassen. Wenn dir das nicht zeigt, wie scheiße Kerle sind…“
„Lass meinen Dad da raus“, unterbrach ich sie.
Nach dem Sportunterricht fuhr Bella mich nach Hause. Mein Bruder und meine Mom saßen schon am Esstisch. Ich roch das frisch gekochte Essen und wurde so hungrig, dass ich meine Jacke und meine Tasche auf das Sofa warf und mich schnell an den Tisch setzte.
„Seit wann schmeißen wir hier denn unsere Sachen auf das Sofa?“, fragte meine Mutter.
„Mom, ich habe so einen Hunger. Ich räume die Sachen nach dem Essen weg.“
Sie schöpfte mir Spaghetti auf meinen Teller und fragte mich, wie mein Tag war. All diese alltäglichen Fragen.
Als ich meinen Teller leer gegessen hatte, stand meine Mutter auf und ging die Treppen hoch.
„Wo geht Mama jetzt hin?“, fragte ich Jacob. Er zog nur die Schultern hoch. Wenige Sekunden später kam meine Mutter die Treppen mit einem großen Geschenk herunter. Sie drückte mir das Geschenk in den Arm, gab mir einen Kuss auf die Stirn und wünschte mir alles Gute zum Geburtstag. Erwartungsvoll öffnete ich das Geschenk.
„Ein Laptop? Nur für mich? Wo ist der Haken?“, fragte ich meine Mutter.
Lachend antwortete sie: „Ja, dein eigener Laptop. Nur für dich und ohne Haken.“
Ich rannte sofort in mein Zimmer und rief Bella und Sophia an. Nach fünf Minuten waren sie schon bei mir und erstellten mit mir einen Account auf Qulickstar.
„Hier muss man ja sogar seine Unterwäschenfarbe angeben, haha.“
Bella lachte: „Nimm Pink, jeder hat Pink angegeben.“
Sophia antwortete: „Also ich habe schwarz angegeben, haha.“
Als der Account fertig erstellt war, bekam ich sofort eine Freundschaftsanfrage. Ich schaute nach, wer es war. „ Oh my god. Elijha hat mir als erster und einziger eine Anfrage gestellt“, rief ich aufgeregt. Ich war megaglücklich und nahm sie sofort an. Bella und Sophia gingen relativ früh, die Zeit nutzte ich, um mein Lieblingsgedicht und ein Bild mit Bella auf Qulickstar zu posten. Ich hörte das Telefon klingeln.
Bella war am anderen Ende der Leitung: „Hei, Grace, hast du schon den Kommentar von Victoria gesehen?“
„Warte, ich schau kurz nach.“ Ich ging zu meinem Laptop und klickte auf Qulickstar auf das Bild: ,Fettbacke und Hundegesicht?’ stand darunter geschrieben.
Bella und ich lachten, sie fragte: Na? Wer ist Fettbacke und wer Hundegesicht?“
Ich antwortete: „Ich will Hundegesicht sein.“
„Okay, dann bin ich Fettbacke. Wenigstens kann ich abnehmen und du wirst für immer ein Hundegesicht haben.“
Am nächsten Tag in der Schule kamen Elijha und ich in ein Gespräch. Er meinte, dass wir am Abend schreiben konnten und dass es sogar einen Chatroom für unsere Schule gab.
Als ich am Abend daheim war, ging ich sofort auf Qulickstar. Im Schulchat ging es um irgendein Konzert, das bald stattfinden sollte.
Die Tür von meinem Zimmer ging auf, mein Bruder stürmte hinein: ,,Ist das Qulickstar? Kannst du mir einen Account erstellen?“, rief er. Wütend schickte ich ihn aus meinem Zimmer. Ich schrieb den ganzen Abend mit Elijha.
Als ich am nächsten Tag von der Schule kam, fragte meine Mom, ob ich etwas von den Spaghetti wollte, die sie gerade gekocht hatte. Ich hatte keinen Hunger und schaute kurz auf mein Handy. Eine Nachricht von Sophia: ,,Schau auf deine Qulickstar Seite, ist echt übel.“
Ich rannte in mein Zimmer, öffnete meinen Laptop. Das Laden meiner Seite dauerte ewig. Ich las, was da stand, fing an zu weinen und lief verzweifelt in meinem Zimmer hin und her.
Es klopfte an der Türe. Meine Mom kam herein: „Hey, was ist den los?“
„Jemand hat mein Passwort rausgefunden und hat mein Profil gehackt“, schniefte ich. „Sieh dir an, was die in meinen Status g4schreiben haben.“
Meine Mom lief zu meinem Laptop und las meinen Status laut vor: „Ich bin eine dreckige Schlampe, jemand muss mir den Po versohlen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Da hat jemand einen kranken Sinn für Humor, du musst sofort dein Passwort ändern, das darf niemand lesen.“
Ich nahm den Laptop und konnte die Kommentare unter meinem Status nicht ignorieren. „Ja. Endlich sind versaute Mädchen auf dieser Seite.“
„Endlich eine, die die Perversen beschäftigt.“
„Ich wusste, du bist eine Hure.“
„Ich versohl dir den Po, kleine Schlampe.“
„Es ist zu spät´´, flüsterte ich. Genau in diesem Moment kommentierte Victoria: ,,Ich schlag dir lieber ins Gesicht.“
Ich schlug den Laptop zu, warf ihn auf mein Bett und rannte ins Badezimmer. Ich stand heulend vor dem Spiegel. Ich sah mich an und empfand nur Hass. Mich in diesem Moment zu sehen, war purer Ekel. Ich dachte nicht viel nach, ging an den Schrank neben der Dusche und holte meinen Rasierer raus. In diesem Moment fiel mir nichts Besseres ein. Ich setze ihn an, schloss die Augen…
„Grace, mach die Türe auf, wir müssen darüber reden.“ Meine Mutter schlug mit der Hand gegen die Tür. Ich erschrak und rutschte mit dem Rasierer aus.
„Ja, Mom, ich komm gleich raus.“ Schnell klebte ich mir ein Pflaster auf die Stelle, wusch mein verheultes Gesicht und ging raus. Ich fand meine Mutter am Esstisch mit meinem Bruder Jacob. Sie wirkte sehr sauer und er sehr verzweifelt, also fragte ich, was denn los sei.
„Sag es ihr, Jacob“ sagte Mom zu ihm.
Ich merkte, wie es ihm schwer fiel zu reden.
„Ich habe mich in deinem Account angemeldet und es in deinen Status geschrieben.“ Boom. Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich versuchte ruhig zu atmen, um nicht auf ihn los zu gehen, aber es half nicht.
Ich wollte auf ihn zulaufen, da schrie meine Mutter, ich solle mich beruhigen, Gewalt sei keine Lösung und er hätte schon 2 Monate Hausarrest als Strafe bekommen. Das war für mich keine Entschuldigung. Ich rannte wieder hoch in mein Zimmer. Was sollte das alles? Hatte ich keine Gefühle? Tränen sammelten sich in meinen Augen, alles war verschwommen. Ich blinzelte und die Tränen liefen meine Backe hinunter. Die größte Frage in diesem Moment war: „Warum lebe ich?“
Ich legte mich auf mein Bett, rollte mich zusammen und ließ die Tränen weiter laufen, bis ich endlich einschlief.
Als ich mit Bella und Sophia am nächsten Tag an der Schule ankam, hörte ich wieder Victorias ätzende Stimme: „Ha ha, Nata. Sie hat sich in die Schule getraut. Ich schulde dir 5 Euro.“
Sophia versuchte, mich aufzubauen: „Hör nicht auf sie. Du hast doch uns. Mehr brauchst du nicht.“ Aber es fühlte sich alles so schwer an. Ich merkte, wie mich alle anschauten. Es war das ekligste und unangenehmste Gefühl, das ich je empfunden hatte.
Nach den ersten zwei Stunden gingen Sophia, Bella und ich auf die Toilette. Die beiden versuchten, mich auf andere Gedanken zu bringen, aber das verging relativ schnell, als Victoria mit ihrer Clique in die Toilette kam.
„Oh je, die Schlampenfraktion. Hat einer von euch ein Desinfektionsspray dabei?“ ätzte sie.
Sophia verließ die Toilette, Bella und ich rannten ihr hinterher.
,,Was ist denn los?“, fragte Bella.
Sophia antwortete: „Jetzt werde ich auch schon Schlampe genannt.“
Bella fing an zu lachen.
„Hör auf zu lachen, dass ist nicht witzig. Und Grace, bitte halte dich in der Schule von mir fern“, sagte sie und ging.
Bella ging ihr hinterher, um sie zur Vernunft zu bringen. Und da stand ich dann, alleine ohne meine Freundinnen, unter Menschen, die mich hassten.
Ich sah auf der anderen Seite des Ganges Elijha stehen. Ich ging zu ihm, um nicht ganz so alleine zu sein.
„Hei Elijha, naa…“, fing ich an.
Er unterbrach mich: „Sorry, ich muss schnell weg.“ Nach dem er das gesagt hatte, ging er sehr eingeschüchtert und zügig weg.
Die Tränen kamen wieder. Jetzt war es also schon peinlich, mit mir zu reden. Ich rannte in die Toilette und vergaß, dass Victoria mit ihrer Clique noch dort war.
„Ach, muss die kleine Grace weinen. Sie hat bestimmt das Video gesehen, haha.“
„Welches Video?“, flüsterte ich.
,,Du hast es noch nicht gesehen? Es hat schon über 300 Klicks.“
Ich musste das Video sehen. Mit voll geheultem Gesicht rannte ich zu einer Bushaltestelle. Als ich zu Hause ankam, sprintete ich hoch zu meinem Laptop. Während ich es ansah, wurden die Tränen immer und immer mehr. Was hatte ich so schlimmes in meinem Leben gemacht, dass mich jetzt alle so sehr hassten?
Auf diesem Video waren zwei Personen zu sehen. Die eine war Victoria mit einem schwangeren Bauch und einem Bild von mir vor ihrem Gesicht, die andere Person war ein Junge mit einer Papiertüte über seinem Kopf. Das Mädchen, das mich darstellen sollte, sagte zu dem Jungen: „Du kannst dich für 5 Euro an mir vergnügen. Für 50 Cents? Okay, ich gebe dir sogar Geld dafür.“
Dieses Video gab mir den Rest. Ich stellte meinen Laptop auf meinem Schreibtisch und ging auf Video erstellen. „Hallo, ich bin die echte Grace Baker, und ich weiß nicht, warum mich alle so abgrundtief hassen. Aber vielleicht doch, denn jetzt hasse ich mich auch. Und ich weiß nicht mehr, warum ich noch was versuchen soll. Oder reden oder atmen. Ich bin einfach fertig. Tja, ich schätze, das war es. Auf wiedersehen.“
Mit diesen Worten beendete ich das Video und stellte es ins Netz. Verzweifelt lief ich in meinem Zimmer noch ein paar mal hin und her, bis ich mir dann sicher war, dass ich dieses Leben beenden wollte. Ich lief in das Badezimmer, ließ Wasser in die Badewanne einlaufen und während sie sich füllte, holte ich meinen Rasierer. Ich stieg in die Badewanne ein, setze die Klinge an und zog sie so stark ich konnte durch meine Haut. Das Blut floss in strömen, ich ließ meinen Arm ins Wasser fallen und schloss meine Augen. Ich hörte einen Ton, der immer lauter wurde, bis er irgendwann ganz weg war.
„Grace?“, sagte eine sanfte Stimme. Ich machte die Augen langsam auf.
„Soll das der Himmel sein?“, fragte ich, dann erkannte ich meine Mutter vor mir.
Sie sagte: „Schatz, du bist nicht im Himmel. Du bist im Krankenhaus. Du hast überlebt. Bella hat das Video gesehen und mich danach sofort angerufen.“
Ich schlief relativ schnell wieder ein. Ich musste drei Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben und wurde für eine Woche von der Schule befreit. Der Arzt hat meiner Mutter geraten, mich zu einer Selbsthilfegruppe zu schicken. Überzeugt war ich nicht, bin aber trotzdem hin gegangen, weil ich merkte, wie wichtig es meiner Mutter war, über das Mobbing mit anderen Betroffenen zu reden. Wenn ich ehrlich bin, war es auch sehr gut, dass ich dort hin gegangen bin. Es hat mich stärker gemacht, zu wissen, wie ich mit Mobbing umgehen kann. In der Schule hat sich das alles gelegt, als ich Victoria persönlich, vor allen, auf das Mobbing angesprochen habe. Am Anfang hat sie darüber gelacht, aber danach hatten dann noch Bella, Sophia und Elijha ihre Meinung dazu geäußert und sie wurde sehr schnell sehr still. Mittlerweile bin ich wieder mit Bella und Sophia beste Freunde und mit Elijha zusammen. Ich bekomme keine quälenden Nachrichten oder Kommentare mehr. Das alles hat ein sehr gutes Ende genommen und ich bin froh, dass ich den Selbstmordversuch überlebt habe.
Tessa Beuttenmüller, 8 b
Die Kette meiner Mutter
Es war schon 23 Uhr, als meine Freundin und ich zu unserem Versteck am Ende der Stadt gingen. Es war dunkel und kalt und der Wind pfiff durch das verfallene Haus. Doch das kannten wir ja schon. Denn das Haus ist sehr alt. Aber heute war irgendwas anders, es kamen komische Geräusche von oben aus dem Haus. Wir wollten nachschauen, also sind wir reingegangen. Auf den ersten Blick war alles normal, von den Wänden ging die Tapete ab, die ganzen Bilder hingen schief, und alles war kaputt und schmutzig. Wir überlegten uns, ob wir die Treppe zur oberen Etage hoch gehen sollen. Nach einer Weile entschieden wir uns dazu. Wir hatten Angst, denn wir wussten nicht, was uns erwartet und was das für Geräusche waren. Dann standen wir auf der obersten Treppenstufe, alles war still. Ich öffnete ganz langsam und leise die Tür. Das Licht war an, aber niemand war da, wir wunderten uns und fanden es unheimlich, eigentlich wollten wir wieder gehen, als plötzlich eine kleine Tür aufging und ein alter Mann herauskam. Wir hatten Angst und wollten gehen, aber er sagte, dass wir keine Angst haben müssen, dass er uns nichts antun wolle. Also sind wie geblieben und haben uns hingesetzt. Er hat uns erzählt, dass er hier früher gewohnt hat, aber dann geschäftlich umziehen musste und jetzt wieder hier war. Auf einmal fragte er mich, woher ich meine Halskette hatte. Ich sagte ihm, dass ich sie von meiner Mutter bekommen hatte. Er überlegte kurz und meinte dann, dass er die Kette kennt. Danach erzählte er uns, dass er die Kette seiner Frau geschenkt hatte und die hat sie ihrer Tochter geschenkt. Ich sagte ihm, dass ich davon nichts wusste, aber dass ich meine Mutter fragen wollte. Wir sprachen noch ein bisschen, bis wir dann nach Hause mussten. Gleich zuhause hab ich meine Mutter nach der Kette gefragt und sie erzählte mir, dass sie die Kette von ihrer Mutter bekommen hatte…
Kim Wendland, 8a
Carolin war eigentlich ein ganz normales Mädchen. Sie wohnte mit ihren Eltern in einer Kleinstadt namens Southside. Sie hatte dort einige Freunde und ging dort zur Schule. Noch nie war in Southside etwas Ungewöhnliches passiert oder gar etwas Kriminelles. Alles war in bester Ordnung, doch das sollte sich schon bald ändern.
„Mama ich bin wieder da“, rief Carolin, als sie am Montag aus der Schule kam. Sie warf ihre Sachen in eine Ecke und ging in die Küche, wo ihre Mutter schon das Mittagessen gemacht hatte. ,,Weißt du schon das Neueste?“ fragte ihre Mutter.
,,Nein“
,,Ein Mann ist neu in die Stadt gezogen, ein Jahrhundertereignis“, sagte sie und lachte. Caroline wusste natürlich, wie wenig Menschen hierherzogen und dass es Southside bald nicht mehr geben würde. Die Familien zogen weg und die Alten starben.
„Ich habe ihn heute auf dem Markt getroffen“, fuhr die Mutter fort. ,,Er ist in die alte Villa am Stadtrand gezogen und macht einen netten Eindruck.“
Carolin fröstelte beim Gedanken an die Villa. Es rankten sich viele Mythen um sie. Angeblich hörte man dort nachts die Geister von Verstorbenen.
Am nächsten Tag war der neue Mann das Hauptgesprächsthema auf dem Schulhof.
,,Hey, habt ihr schon von dem neuen Mann gehört“, meinte Lana. Sie war in ihrer Clique, doch Carolin fand sie in Wirklichkeit angeberisch.
,,Angeblich soll er ein Psychopath sein“, flüsterte Clarissa. Carolin mochte sie mehr als Lana, sie war aber immer so still und ängstlich.
„Geht klar“ sagte Kirsten. „Diese Gerüchte sind doch alle total Idiotisch, dieser Mann macht einen total netten Eindruck, er ist bestimmt harmlos.“ Doch man merkte, wie sie selbst an dem, was sie sagte, zweifelte.
Drei Tage verstrichen, ohne dass etwas passierte und so langsam nahmen die Gerüchte ein Ende. Doch von Mittwoch auf Donnerstagnacht passierte etwas Schreckliches.
Carolin stand wie gewohnt um 6:15 auf, sie brauchte immer lang zum Frühstücken. ,,Und jetzt die News von heute“, schallte es aus dem Radio. Sie wollte schon abschalten, als sie plötzlich ,,Mord im beschaulichen Ort Southside“ hörte. Sie erschrak. Ein Mord hier? Gespannt hörte sie zu. ,,In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist im Ort Southside ein Anwohner mit einem Messer erstochen worden. Die Ermittlungen laufen.“
In der Schule war der Mord das Topthema. Es wurde wild spekuliert, wer das Opfer war, denn der Name war im Radio nicht genannt worden. Die Lehrerin konnte die Schüler gar nicht beruhigen, so aufgeregt waren sie. ,,Liebe Klasse, Ruhe bitte! Ich kann verstehen, dass ihr alle schockiert seid über den Mord. Ich kann euch nähere Informationen über den Mord geben, aber nur wenn ihr leise seid.“ Sofort wurde es totenstill. ,,Also, der Anwohner, der ermordet wurde, wohnte in meiner Straße, er hieß Herr Albatros. Die meisten von euch kannten ihn bestimmt.“ Wildes Gemurmel machte sich in der Klasse breit. ,,Herr Albatros“ flüsterte Carolin fragend zu Lana, Lana darauf: ,,Der alte Mann, warum sollte der umgebracht werden?“
,,Sei mal nicht so herzlos Lana, ich hatte oft mit Herr Albatros geredet. Er war ein sehr guter Mensch“, meinte Carolin darauf.
,,Naja ich habe ihn immer als Nervensäge empfunden. Immer mit seinen Besserwisser-Sprüchen, ständig wollte er einen belehren, wie man sich zu kleiden hat und wann man ins Bett gehen soll.“
,,Sag mal hast du keine Angst vor dem Mörder Lana?“
,,Na ja, ich finde es unwahrscheinlich, dass ich umgebracht werde, aber vielleicht ja du, Carolin.“ Lana lachte.
„Du bist so unverschämt“, maulte Carolin.
„War doch nur Spaß.“
Genervt wandte sich Carolin von Lara ab. Sie war einfach unfassbar unverschämt.
Am Abend kam Carolins Vater von seiner Geschäftsreise nach Hause, auch er wusste schon von dem Mord. „Hallo, ich bin wieder da“, rief der Vater.
„Mama ist gerade einkaufen“, meinte Carolin. „Soll ich was zu essen machen?“
,,Ja auf jeden Fall“, antwortete Carolins Vater. „Ich habe Hunger.“
„Sag mal, weißt du es schon? Herr Albatros ist ermordet wurde, das geht mir sehr nach. Ich habe Angst, dass so etwas nochmal passiert“, sagte Carolin.
Ihr Vater beruhigte sie: „Dass mit Herr Albatros ist wirklich schrecklich. Wie können Menschen nur so eine Tat begehen? Ich verstehe deine Ängste, aber uns wird nichts geschehen…“
Am nächsten Morgen war die ganze Stadt immer noch in Schockstarre. Niemand konnte fassen, was passiert war. Das machte sich auch in der Schule bemerkbar: Manche drehten nämlich so langsam echt durch. Ein paar Schüler hatten sogar ein Messer dabei. Vor dem Unterricht wurde im Flur wild herumspekuliert, wer der Mörder war.
„Ich glaube, der Mörder ist der Mann, der neu zugezogen ist. Der ist gruselig“, vermutete Lana.
„Wir sollten bei den Fakten bleiben, Lana“, erwiderte Kirsten. „Es gibt keine Beweise dafür. Wie gestern in den Nachrichten gesagt wurde, gibt es noch keine Verdächtigen.“
„Man kann ja nie wissen“, meinte Clarissa viel sagend.“
„Ich habe voll Schiss, dass er noch mal zuschlägt“, murmelte Carolin.
„Ich auch“, sagte Clarissa.
„Meine Mutter erlaubt mir nicht mehr, nach Einbruch der Dunkelheit alleine rauszugehen“, beschwerte sich Lana.
„Ich würde niemals abends alleine rumlaufen, das ist viel zu gefährlich“ meinte Carolin.
Völlig verzweifelt rannte der Schuldirektor den Flur hinunter. Erst jetzt bemerkten alle, dass die Lehrerin schon 15 Minuten zu spät war. Der Schuldirektor schloss die Tür des Klassenzimmers auf und ließ die Schüler hinein. Als sich alle gesetzt hatten, ließ sich der Schuldirektor erschöpft auf einen Stuhl sinken.
,,Schüler, ich weiß nicht, wie ich es euch sagen soll, aber es ist etwas Schreckliches passiert. Heute Nacht wurde Frau Schmidt, eure Klassenlehrerin, ermordet.“
Alle schwiegen. Mit gesenktem Blick verließ der Direktor das Klassenzimmer und fügte noch hinzu: „Der restliche Unterricht für heute entfällt, am Freitagabend um 17 Uhr findet die Trauerfeier statt.“
Die ganze Klasse war komplett ruhig. Erst nach etwa zehn Minuten meldete sich der Klassensprecher zu Wort: „Ich denke, für uns alle ist das ein Schock, doch wir können nichts tun. Aber ich denke, es wird von uns erwartet, dass wir zur Trauerfeier erscheinen. Außerdem werde ich mich erkundigen, wie es morgen mit dem Unterricht ist. Ich werde dies in den Klassenchat schreiben. Ich denke, wir dürfen jetzt gehen.“
Wildes Gemurmel machte sich in der Klasse breit und die ersten verließen den Raum. Clarissa zu Carolin: ,,So langsam wird’s echt gruselig.“
,,Oh mein Gott, bisher sind alle Morde in der Straße, in der ich wohne, passiert. Ich habe ja solche Angst“, erwiderte Carolin.
Zuhause angekommen ließ sich Carolin erschöpft auf das Sofa sinken. ,,Papa“, rief sie, doch sie erhielt keine Antwort. Sie rief erneut, wieder keine Antwort. Unruhig ging Carolin ins Arbeitszimmer, aber auch dort war niemand. Sie rannte im ganzen Haus herum und wurde immer nervöser. Jetzt blieb nur noch der Keller. Carolin hatte sich schon immer vor dem Keller gefürchtet, er war kalt und unheimlich. ,,Papa“, schrie sie die Treppe herunter, ein Stöhnen und Ächzen kam aus der Dunkelheit. Sofort schloss sie die Tür. Ihre Gedanken rasten: Wer oder was war das? Sollte sie nochmals die Tür auf machen? Was, wenn das ihr Vater war? Aber genauso gut konnte das auch eine Falle des Mörders sein. Ganz vorsichtig öffnete sie die Tür.
„Carolin, ich bin hier unten, ich bin verletzt.“
Carolin rannte die Treppe hinunter. Da sah sie ihren Vater, der blutend am Boden lag. Alles war voller Blut. Geschockt stand Carolin auf der Treppe und traute sich nicht sich zu rühren. „Carolin“, flüsterte der Vater. „Ich hatte einen Kampf mit dem Mörder deiner Lehrerin...“
Celine Glaeser, 8a
Südamerika wurde zerstört. Daraufhin entstand Panem mit seinen 10 Klassen. Klasse 10 wurde zerstört, weil sie gegen die Regierung kämpfte, die die Menschen unterdrückte und in Klassen eingestuft hat. Die Regierung duldete keinen Widerstand und erfand die Wettbewerbe, damit jeder weiß, dass die Regierung so viel Macht hat. Und wir sollten uns an den schlimmen Krieg erinnern. Ich habe schon zwei Mal beim Wettbewerb mitgemacht. Einmal, um meinen Bruder zu schützen, damit nicht er in den Wettbewerb musste. Dass zweite Mal musste jeder Gewinner aus jeder Klasse, ein Mädchen und ein Junge, mitmachen. Jedes Mal wurde ausgelost. Da ich das einzige Mädchen war, musste ich gehen, mit mir ging Lukas. Mit ihm war ich schon das erste Mal beim Wettbewerb.
Dann wachte ich auf einer Krankenstation auf. Oh Entschuldigung, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe: Ich bin K.C. Cooper. Ich bin 18 Jahre alt, mein Bruder heißt Jeremy, er ist 10 Jahre alt und hat einen Hund Namen James. Ich kann ziemlich gut Bogenschießen, aber auch sehr schnell rennen. Das habe ich bei den Spielen gezeigt.
Als ich aus dem Krankenflügel entlassen wurde, wartete draußen Lukas auf mich, um mir zu sagen, dass die Anführerin Merry Meier mich sehen wollte. Ich ging mit ihm mit. Mrs. Meier saß in einem riesigen Salon mit weichen Sesseln. Als Lukas mich bei ihr angekündigt hatte, verschwand er. Mrs. Meier rief mich und fragte: „K.C., soll ich dir irgendetwas bringen oder helfen? Du kannst mich jederzeit um etwas bitten.“ Ich dachte nach. Es fiel mir ein, dass sie bestimmt etwas von mir wollte, deswegen fragte ich: „Was wollen sie wirklich von mir?“
„Das sage ich dir vielleicht später einmal, aber nicht jetzt, okay?“, sagte sie und schaute mich an. Ich antwortete: „Gut, als erstes möchte ich, dass mein Bruder seinen Hund behalten darf.“
„Okay, er darf. Ach ja, ich habe eine Frage an dich, K.C. Cooper. Darf mein Sohn Kile dir später beim Bogenschießen zusehen? „
„Ja, klar“, sagte ich.
,,Schön, Kile holt dich später ab. Er würde dich gerne in dein neues Zuhause bringen. Du wohnst in einer großen Wohnung mit deiner Familie zusammen. Mein Sohn holt dich um 18 Uhr vor eurer Tür ab. Ihr trainiert bis um 19:30 Uhr. Du hast 15 Minuten Zeit zu duschen. Um 20 Uhr gib es Essen.“
Ich wurde misstrauisch. Als Kile ins Zimmer kam, erkannte ich sofort, dass er jeden Tag trainierte. Als er mich erblickte, ging er freundlich zu mir und sagte: ,,Hallo, ich bin Kile Meier, du kannst mich Kile nennen. Du musst bestimmt K.C. Cooper sein. Ich habe viel von dir gehört. Ich bringe dich zu deiner Familie. Und zur deiner Wohnung, die du mit deiner Familie bewohnst, damit du dich umziehen kannst fürs Training.“ Mir stand nur der Mund offen. Als ich mich wieder beruhigt hatte, sagte ich: „Okay, dann legen wir mal los.“
Paar Stunden später.
Ich wartete schon 10 Minuten vor der Tür zu der Wohnung, in der ich mit meiner Familie wohnte, als Kile angerannt kam. „Sorry, dass ich zu spät komme. Es ist was Schlimmes passiert. Ich soll dich schnell holen. Keine Sorge, es hat nichts mit deiner Familie zu tun.“
Als wir n die Kommandozentrale kamen, waren alle außer der Anführerin da. Alle schauten auf einen Monitor, auf dem eine Übertragung der Regierung lief. Sie sagten: „Wir haben eure Anführerin. Wenn ihr sie zurückhaben wollt, dann gebt uns K.C. Cooper. Wir geben euch 2 Tage Zeit. Der Treffpunkt ist die Brücke im Wald. Wir lassen beide gleichzeitig über die Brücke laufen.“ Und damit unterbrach die Verbindung. Alle starten schweigend auf den schwarzen Monitor, dann schauten alle zu mir. Einer sagte zu Kile: „Was sollen wir machen, Kile? Es wäre doch das Beste wenn wir sie ausliefern würden und unsere Anführerin zurückbekommen.“
,Damit hatte er recht,‘ dachte ich. ‚Ich weiß doch eh nicht so viel über diese Leute.‘ Aber das behielt ich lieber für mich.
2 Tage später.
Kile und die anderen hatten eine Entscheidung getroffen. Sie wolten mich gegen Merry Meier, die Anführerin, eintauschen. Also begleiteten mich alle Leute der Organisation zu der Brücke im Wald. Als wir dort ankamen, bemerkten wir, dass es total nebelig war. Auf der anderen Seite der Brücke hörten wir eine Stimme rufen: „Okay, wir zählen bis drei und dann lassen wir beide laufen.“
Kile rief rüber auf die andere Seite: „Okay, wir geben euch K.C. und ihr gebt uns Merry Meier zurück.“
„Okay“, kam es von der anderen Seite. „Wir zählen bis drei! EINS! ZWEI! DREI!.“
Plötzlich stießen mich ein paar Leute auf die Brücke. Ich wollte erst umkehren, aber ich konnte nicht, weil sich ein paar Leute wie eine Mauer aufgestellt hatten. Also musste ich wohl oder übel über die Brücke gehen. Genau auf der Mitte traf ich die Anführerin. Sie sah sehr bekümmert aus. Die Regierung hatte sie wohl sehr schlecht behandelt, so wie sie aussah. Ihre Haare waren verfilzt, ihre Kleidung zerfetzt und sie war überall mit Dreck bedeckt. Als sich unsere Blicke trafen, sagte sie: ,, Es tut mir leid, aber sie sind plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht und wollten dich unbedingt treffen.“
Ich brachte nur ein schwaches Nicken zustande und lief weiter. Als ich auf der anderen Seite angekommen war, blickte ich direkt ins Gesicht vom Chef der Regierung. Dann wurde ich festgenommen und sie verdeckten meine Augen.
Sie haben mich in einen Verhörraum gesteckt. Um mich zu verhören. Obwohl ich von beiden Seiten nicht viel wusste. Als der Chef reinkam und mir gegenüber saß, trat erstmal eine lange Pause ein. Dann sagte er: „Es gibt paar Sachen, die ich mit dir bereden möchte. Was hast du über Merry Meier erfahren?“
„Nichts, wirklich gar nichts,“ antwortete ich und fragte dann: „Wieso wollen Sie das wissen?“
„Genau genommen ist sie meine Schwester. Das zweite ist, dass du den Schatz Excalibur findest, den alle suchen. Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn du denn Schatz Excalibur findest, gehört er dir und alle Menschen aus den 9 Klassen wären befreit. Wie findest du das?“
„Okay, ich mache es. Aber wieso schlagt ihr ein solches Geschäft vor?“, fragte ich.
„Nun ja. Bis jetzt hat es noch niemand geschafft, den Schatz zu finden. Daher finde ich, dass jemand danach suchen sollte. Wenn es dir gelingt lasse ichdie Menschen aus den Klassen freiaus jedem Klasse. Du kannst jetzt auch wieder zurückgehen. Meine Männer werden dich zu der Brücke zurückbringen,“ sagte der Chef von der Regierung. Ich nickte nur. Also brachten seine Männer mich zu der Brücke zurück. Ich ging langsam über die Brücke. Als ich den Weg wieder fand, der mich zu meiner Familie bringen sollte, kam plötzlich, wie aus dem Nichts ein Soldat von der Organisation. Er brachte mich sofort zu Merry.
Als ich bei ihr war, fragte sie mich: „Was wollte die Regierung von dir?“
,,Sie wollten mit mir über einen Schatz reden. Und wie man die Leute aus den 9 Klassen befreien kann.“
„Sie meinen doch nicht etwa den Schatz Excalibur?“, fragte sie.
Ich nickte nur. Es trat eine kurze Pause ein, bevor sie wieder anfing zu reden.
,,Okay, du brichst morgen auf, um den Schatz zu finden. Wir geben dir auch eine magische Karte mit, die wird dir vielleicht helfen.“
Bevor ich auch nur etwas erwidern konnte, ging Merry zu einem langen Regal und zog ein Buch heraus. Als sie es aufklappte, war die magische Karte zu sehen und der Weg, der zum Schatz Excalibur führte.
Am nächsten Tag
Als es Morgen war, packte ich meine Tasche. Dann holte ich von der Küche noch genügend Vorräte und trat dann hinaus auf die Lichtung, wo die Reise starten sollte. Als erstes schaute ich auf die magische Karte. Sie war sehr verwirrend, aber als ich dann mich richtig hineinversetzt hatte, ging mir ein Licht auf und ich erkannte sofort, wo ich hingehen sollte. Als ich an einer riesigen Wiese ankam, sah ich auf die magische Karte.
Da stand plötzlich ,Vorsicht schlafender Bär.‘ Ich nahm es ernst, als ich fast über die ganze Wiese gelaufen war, hörte ich ein Knurren hinter mir. In der Ferne sah ich einen riesigen, mit Blumen bedeckten Bären. Als ich dann wieder auf die Karte schaute, stand da: ,Renne, so schnell es geht, zum grauen Berg. Da weckst du dann den Riesen Morgenhaut mit einer grauen Feder auf und versteckst dich dann in einem grauen Busch.’
Ich verstand nur Bahnhof, aber dann tat ich genau das, was die Karte beschrieb. Als ich am Berg angelangt war, sah ich den Riesen, weckte ihn auf und versteckte mich hinter dem Busch. Als ich dann wieder auf die Karte schaute, sah ich, dass der Weg weiter führte, direkt in den Berg. Als ich drinnen war, hörte ich ein Gewatschel. Hinter einer Ecke kam ein Entenmann hervor. Er schaute mir ins Gesicht und sagte dann: ,,Da geht es lang zum Schatz. Lauf schnell und pass auf dich auf, dann bist du unbesorgt.“
Dann drehte er sich um und lief in die entgegen gesetzte Richtung. Ich schaute einfach nur verwirrt. Aber dann tat ich genau das, was der Entenmann zu mir gesagt hatte. Als ich draußen war, erkannte ich, dass es bereits dunkel wurde. Also ging ich in eine Höhle, zog meinem Schlafsack aus dem Rucksack und kuschelte mich in ihm rein.
Am nächsten Morgen
Als ich aufwachte, hörte ich Vogelgezwitscher. Ich packte meinen Schlafsack ein und aß und trank was, bevor ich weiter ging. Die magische Karte sagte mir, dass ich dem Summen der Bienen folgen sollte. Als ich ganz ruhig war hörte ich das Summen der Bienen und folgte ihnen.
Adele Hirschfeld, 8 a
Weg von meinen Eltern
Ich bin ein Mädchen namens Lara Klog, das von niemandem verstanden wird. Mein Leben geht rauf und runter und ich habe keine Kontrolle darüber.
Ich lebe in einem Dorf namens „San Valley“. Das Dorf ist recht klein und jeder kennt sich, außer die Menschen, die hinter den Mülltonnen herumlungern und von ihrer Familie verstoßen wurden. Mit denen hat so gut wie keiner etwas zu tun.
Meine Familie macht mich manchmal wahnsinnig mit ihrer übertrieben höflichen und gebildeten Art. Das entspricht nicht meinen Interessen und schon gar nicht dem von meinen Freunden.
Und da mein Vater und meine Mutter zusammenhalten, habe ich auch keine Möglichkeit, einen Fluchtort für mich zu entdecken. Wenn wir zusammentreffen, kommt immer das gleiche Theater dabei raus. Beispiel gefällig? Bitte schön. Wie jeden morgen komme ich in die Küche. „Was gibt es heute zu essen? Ich hätte Bock auf Süßis oder so“, sage ich.
„Nix da“, antwortet meine Mutter. „Es gibt natürlich nur gesundes und vitaminreiches Gemüse, so wie immer!“
„Das geht gar nicht, dass wir immer nur den gleichen Schrott essen müssen!“, platzt es aus mir heraus.
Meine Mutter erwidert: „Wenn es dir nicht gefällt, dann ess den Spargelauflauf von gestern, den du nicht mal probiert hast.“
„Nee… Alter ! Dann esse ich lieber gar nichts!“
Somit gehe ich wieder mal leer aus, weil ich mich weigere, diesen Grünfraß zu essen. Dafür esse ich bei meiner besten Freundin Lea die Chips mit, die sie jeden Morgen mit in die Schule nimmt.
Wenn ich nach Hause komme, werde ich auf die nervigste Art und Weise von meinen vierjährigen Zwillingsgeschwistern begrüßt, was ebenfalls ein negativer Punkt in meinem Leben ist. Aber obwohl diese Sachen mir das Leben schon schwer machen, kommt noch eine Person ins Spiel, die mein ganzes Leben verändert hat.
Und so fing es an.
Ich saß in meinem Zimmer, hing am Handy rum und hörte Musik, die ich so laut gedreht hatte, damit ich die nervige Stimme von meiner Mutter nicht hören musste. Aber dieses Mal hat sich das als Nachteil erwiesen, denn wir haben Besuch bekommen. Es kamen die Freundin von meiner Mutter und ihr Sohn vorbei. Ich kannte die beiden nicht, obwohl sie schon sehr oft bei uns waren, aber ich hatte es nie eingesehen, deshalb mein Zimmer zu verlassen. Diesmal aber wollte ich mich erkundigen, ob sie meine Musik gehört hatten. Ich stand also an der Treppe und fragte, ob ich zu laut war. Daraufhin schlug meine Mutter in einem überaus höflichen Ton vor, dass ich doch runter kommen könnte, damit wir alle zusammen einen Nachtisch essen können. Wenn ich nicht runter gekommen wäre, hätte ich mir nach dem Besuch anhören können, wie sehr ich sie blamiert hatte. Aus diesem Grund lief ich runter und sah IHN. Ich wunderte mich, wie ich den 16-jährigen Sohn der Freundin meiner Mutter bislang übersehen konnte. Er hatte wunderschöne, glänzende, schwarze Haare und eine stylische Lederjacke an, die mir letztens im Laden so gefallen hatte. Und er hatte ein cooles Tattoo auf seinem Arm. Er war einfach perfekt!!!
Ich setzte mich neben ihn an den Tisch. So ganz nah sah er noch viel besser aus. Nachdem wir gegessen haben, schlug meine Mutter vor, dass wir beide in mein Zimmer gehen sollten. Zum Glück war die Putzfrau schon in meinem Zimmer gewesen. Er sah sich mein Zimmer ganz genau an, aber sagte kein Wort. Schließlich stellte er mir eine Frage, die mich wunderte: „Magst du deine Eltern? Also... ich meine, ob ihr euch gut versteht?“
Ich schüttelte den Kopf: „Ich rede nicht viel mit denen. Die verstehen mich ja eh nicht und wenn ich ihnen beispielsweise erklären möchte, dass ich alt genug bin und auf mich alleine aufpassen kann, bieten die mir im Ernst an, auf meine kleinen Geschwister aufzupassen. Weil das anscheinend die Verantwortung steigert. Außerdem sind wir ziemlich verschieden. Ich interessiere mich für ganz andere Themen und brauche mehr Freiheit, was die natürlich nicht so sehen.“
Der Junge nickte: „Mir geht es ganz genau so und als ob das nicht genug wäre, schlagen die mir noch vor, was mit denen zu unternehmen. Obwohl ich schon 16 Jahre alt bin. Ich bin so froh, wenn ich endlich von Zuhause ausziehen darf!“
„Ja, ich auch“, antwortete ich. „Aber warte...wieso tun wir das nicht schon jetzt?! Wir können ja irgendwo hin, wo es niemanden gibt ,der über uns bestimmen kann.“
„Das ist eine gute Idee! Aber wie sollen wir aus dem Haus kommen, ohne dass sie es bemerken?“
„Lass mich mal machen“, sagte ich. „Ich habe da so eine Idee…“
Du hast mir alles bedeutet
Wie jeden Nachmittag trafen wir uns bei mir um 16:00 Uhr. Beste Freundinnen für´s Leben. Wir lästerten über Jungs, über andere Mädchen und erzählten uns die größten Geheimnisse. Mein größtes Geheimnis, das ich dir je anvertraut hatte war, dass ich unbeschreiblich in Marc verliebt war. Ich redete ständig nur von ihm, was dich ja auch nie störte, dennoch wollte ich dich nie damit nerven. Doch du warst genau die Person, die mich immer verstanden hat und mit der ich über alles reden konnte. Bis die Einladung zu Marcs 16. Geburtstag in deinem Briefkasten lag.
Es war ein Tag wie jeder andere. Melissa und ich trafen uns um 16:00 Uhr bei mir, setzten uns in die Küche und schoben eine Tiefkühlpizza in den Ofen geschoben. Ich wusste, dass mein Vater länger arbeiten wollte und deshalb hatten wir sturmfrei. Meine Eltern waren seit drei Jahren getrennt und ich lebte bei meinem Vater, während mein kleiner Bruder Nick bei unserer Mutter wohnte.
Als die Pizza fertig war, haben wir sie genüsslich in aller Ruhe gegessen und uns wie immer über Jungs unterhalten. Ich erzählte Melissa, dass Marc bald 16 wurde und eine riesige Hausparty schmeißen wollte. Sie versuchte mir Hoffnungen zu machen und redete mir ein, dass er mich doch bestimmt auch einladen wollte. Ich wusste, dass das niemals passieren würde. Wir redeten kaum miteinander und sahen uns immer nur jeden Tag im Schulgang. Dadurch, dass er in der 10. Klasse war und ich erst in der 9. war es ziemlich problematisch, mit ihm auf irgend eine Art und Weise zu sprechen, da er nur mit Leuten in seiner Altersklasse abhing und ich mich dann nur lächerlich machen würde. Dennoch hatten wir schon einmal geredet. Als er neu an unsere Schule gekommen war, hatte ich ihn herumgeführt.
Was ich damals noch nicht wusste: Er war auch noch mein Nachbar. Manchmal konnte ich ihn von meinem Fenster aus beobachten, wie er in seinem Bett lag und Musik hörte. Ich schmolz jedes Mal vor mich hin. Wie oft konnte ich wegen ihm nachts nicht schlafen und wie oft weinte ich, weil alles so aussichtslos war.
Auf jeden Fall unterhielten wir uns über diese Party und versuchten uns vorzustellen, wie es ablaufen würde und wer eingeladen war. Plötzlich fiel Melissa ein, dass sie ihr Handy zu Hause vergessen hatte und dass sie es kurz holen wollte. Ich begleitete sie.
Bei ihr angekommen, öffnete sie zuerst den Briefkasten, um nachzusehen ob etwas Neues darin lag und tatsächlich lag ein Brief drin, der an sie adressiert war. Neugierig holten wir ihr Handy, liefen zu mir nach Hause und öffneten dort den Brief. Mich traf fast der Schlag. Es war eine Einladung für Marcs Hausparty:
Liebe Melissa,
am 16.09 werde ich 16. Es wird eine richtig fette Party bei mir daheim stattfinden. Für Alkohol ist ebenfalls gesorgt.
Die Party fängt um 19:00 Uhr an. Ich würde mich freuen, wenn du kommst!
Adresse: Bahnhofstraße 18
Viele Grüße
Marc
Ich konnte das in dem Moment einfach nicht fassen. Marc lud Melissa, meine beste Freundin, ein und mich nicht? Das war einfach nur krass. Ich wollte nur wegrennen und heulen. Das „Beste“ war allerdings Melissas Reaktion. Anstatt mich zu trösten, freute sie sich riesig auf die Party und erzählte von ihren Plänen. Außerdem sagte sie, dass ich nicht traurig sein soll, denn sie würde Marc viele Grüße von mir ausrichten. Das war das allerletzte! In diesem Moment war ich einfach nur wütend, brüllte sie an und schmiss sie raus. Ich konnte das gar nicht fassen, dass sie mir so etwas antun konnte! Hatte ich mich so sehr in ihr getäuscht? 10 Jahre Freundschaft wollte sie aufs Spiel setzen, nur wegen einer Party? Und vor allem auch noch die Party von meinem Schwarm. Vielen Dank aber auch.
Es vergingen mehrere Tage, in denen wir keinen Kontakt mehr hatten. Sie hatte mir zwar geschrieben, aber ich hatte nicht reagiert. Nach einer Woche hörte ich am späten Nachmittag, dass es an der Tür klingelte. Ich öffnete und stand Melissa gegenüber. Ich war kurz davor, die Tür zu zuknallen aber sie hatte mich aufgehalten.
„Was willst du hier, Melissa?“, fragte ich wütend.
„Wir müssen reden, Amalia, bitte!“
„Da gibt es nichts zu reden.“
„Bitte, Amalia. Lass mich rein. Ich muss dir etwas sagen.“
Also ließ ich sie rein und wir gingen in mein Zimmer. Sie sagte mir, dass sie nochmal über alles nachgedacht hatte und dass es ihr leid tat. Außerdem sagte sie mir, dass sie sich dazu entschlossen hat, nicht auf die Party zu gehen. Ich hörte ihr zwar zu, dennoch hatte ich eine riesige Wut in mir. Ich meinte, dass sie ruhig hingehen kann und es mich nicht mehr stören würde. Trotzdem lehnte sie das ab. Sie wollte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen, sagte sie.
Ich verzieh ihr, dennoch traute ich ihr nicht ganz. Was gar nicht so verkehrt war. Am Tag der Party beobachtete ich von meinem Fenster aus das Haus von Marc. Jede gefühlte Minute kamen immer mehr Gäste. Aber keine Melissa war in Sicht. Als ich fast aufgeben wollte, sah ich plötzlich ein Mädchen mit braunen, langen, glatten Haaren in einem hautengen roten Kleid an Marcs Tür stehen. Und das war wohl kaum schwer zu erkennen. Es war Melissa! Ich hatte es doch geahnt, dass ich ihr nicht trauen konnte! Er öffnete ihr die Tür, umarmte sie und bat sie hinein. Nun war ich an der Reihe. Ich lief rüber zu seinem Haus und versuchte, durch ein Fenster zu sehen. Fehlanzeige. Außer vielen Partylichtern, einer riesigen Menschenmenge und vielen Flaschen mit Alkohol konnte ich nichts erkennen. Trotz allem gab ich nicht auf und schlich mich über die Terrassentür ins Haus.
Ich achtete darauf, dass mich niemand sah. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich plötzlich lautes Gelächter. Es kam aus Marcs Zimmer. Ich schlich mich an und sah hinein. Doch das was ich sah, das hat mir dann den Rest gegeben. Melissa und Marc rumknutschend in seinem Zimmer. Ich wollte einfach nur weg. Doch bevor ich wegrannte, machte ich noch schnell ein Foto als Beweismittel. Zu Hause angekommen kamen die Tränen sofort und ich verspürte nur noch Hass, Wut und Enttäuschung. Wie konnte sie mir das nur antun! Das war der schlimmste Tag in meinem ganzen Leben. Nach all dem, was ich alles für sie getan und geopfert hatte, war das der Dank? Am nächsten Tag sandte ich ihr das Bild und schrieb ihr, dass ich nie wieder irgendetwas mit ihr zu tun haben wollte und dass ich eh bald umzog. Ich wünschte ihr noch ein schönes Leben und blockierte sie überall.
Drei Monate vergingen und ich konnte endlich ein neues Leben in einer neuen Stadt anfangen. Ohne Sorgen, ohne Probleme und vor allem ohne dabei ständig Melissa in die Augen schauen zu müssen.
Das ist 15 Jahre her und obwohl ich inzwischen 30 Jahre alt, verheiratet bin und eine Tochter habe, denke ich noch oft an Melissa. Ich bin glücklich darüber, diese harte Zeit durchgestanden zu haben und freue mich, noch weitere glückliche Jahre mit meiner Familie zu verbringen.
Elena Kourou
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