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Das alltägliche Unglück

zuletzt bearbeitet am 21.05.2007

Immer muss es gerade mich erwischen, mir kommen das Unglück geradezu zugeflogen, als ob mein chaotisches Leben nicht schon Last genug wäre.
Ich bin doch eine nette, freundliche Persönlichkeit, auch wenn ich ab und zu leicht zerstreut und einen leicht verwirrten Anschein mache, nicht mal einer Fliege kann ich was zu leide tun.
Ein Seufzen und Schniefen kommt zur rechten neben mir hervor, ich blicke in große mit Wasser gefüllte, schwarze Augen mit einem dazu passend wunderhübschem Gesicht.
Es gehört einem schätzungsweise 15-jährigen Mädchen.
Hinter ihr, ein mehr oder weniger sogenannter "Mann", auch wenn er seinem Aufzug nach, den Titel "Mann" nicht gerade verdient hätte.
Ein kurzer Blick nach links und mir stand eine junge, total gestresste, jedoch gutaussehende 18-jährige Frau gegenüber, die sich darum mühte mit ihrem hochmodernen Handy vergeblich jemanden anzurufen- eine schlechte Idee wenn man überlegt, dass es hier keinen Empfang gibt.
Meine Ansprüche für dieses Wochenende sind doch nicht so hoch, das sie nicht reibungslos verlaufen hätten können.
Nur ein einfaches Wochenende mit mir allein, entfernt von Alltagsstress und Beruf hab ich vor hier zu verbringen, doch anstatt mich verwöhnen zu lassen stecke ich hier fest, in einem nervigen, jedoch alltäglichem Unglück.
Hier bewegt sich so schnell nichts mehr, ich vermute noch eine weile in diesem 4m³ großen Raum mit diesen Menschen zu verbringen.
Das schwarz-äugige Mädchen hockte sich gestresst aber auch leicht ängstlich in eine Ecke und zwirbelte ihre schwarzen Locken zichmal um ihren Zeigefinger. Sie schaute sich den knalligen Transvestiten mit einem abgeschreckten Blick an, ich muss schmunzeln bei dieser Beobachtung.
Hinter mir bekomme ich mit, wie sich ein kleines Gezicke entwickelt, die zwei "Divas" scheinen schon ins Gespräch gekommen zu sein, allerdings ist es kein Gespräch sondern eine Streitigkeit darum, wer die schöneren Schuhe an hat. Das Mädchen und ich scheinen meinem Anschein nach die einzigen hier zu sein, die es im Moment störte in einem engen Aufzug, mit dazu noch unerträglich nervender Fahrstuhlmusik und vollkommen fremden Menschen, fest zu stecken.
Den Notknopf habe ich schon gedrückt, es kommt ja sonst keiner drauf, auf den großen rot-leuchtenden Knopf zu drücken, doch ob das etwas brachte ist fraglich.Schließlich sind wir in einem 26- Stöckigen Hochhaus inmitten New Yorks.
Hier ist doch sowieso jeder mit sich selbst beschäftigt. Es stört janichteinmal jemanden, wenn ein nackter Irrer mit Clownsnase durch die Straßen rennt und versucht Fußgänger zu erschrecken, die Menschen hier sind sowas gewöhnt,...jeder fünfte hat meiner Meinung nach keinen geregelt,- normalen Hirnverlauf. Und ich weiß es, ich weiß es sogar sehr gut, ich kenne mich aus hier, in der Stadt der 1000 Möglichkeiten. Schließlich bin ich Journalistin und weiß über alles und jeden hier bescheid.
- ich schweife ab von meiner eigentlichen Situation..typisch.

Ich bemerke ein kurzes Ziehen an meinem langen kirschroten Mantel. Das Mädchen steigt langsam aus ihrer Ecke raus. "Sie scheinen mir noch einigermaßen normal", kommt es mit einem leicht arrogantem Ton aus ihr. Sie hat etwas an sich,..etwas was mich sehr nachdenklich machte, mir kommen diese Augen sehr vertraut vor. " Versuchen sie doch mal Hilfe zu holen, wenn sie schon so besorgt sind! ", bittet sie mich gestresst. -Zustimmung der Beiden "Topdivas" aus dem hintergrund folgt.
Was soll ich den bitte großartiges machen? ich kann nichts daran ändern, der Knopf ist gedrückt und ich denke kaum, das wenn ich sage "Fahr weiter!" er es auch wirklich macht.
Der Aufzug rüttelt etwas und fährt überraschenderweise weiter. Der wie eine Presswurst mit Schmuck behängt aussehende Mann, versucht so gut wie möglich seine "Freude" mit lärmenden Kreischen auszudrücken. Unser eingebildeter Superstar lässt nur ein selbstverständliches "Endlich!" von sich hören. Wir sagen nichts mehr und warten stillschweigend auf das eben kommende öffnen der Türen.
Schön wieder etwas frische Luft einzuatmen.
Alle laufen ihre eingeschlagenen Wege weiter,- allein. Ich bleibe kurz vor dem Aufzug stehen und beobachte die drei..wie sie ihre Wege gelassen weiter gehen, alsob nichts gewesen wäre.
Ich finde es interessant wie man Menschen in so einer kurzen Zeit und beinahe ohne jegliche Unterhaltung einschätzen kann. Sie sind so unterschiedlich. Ich beobachte das mir so sehr vertraut vorkommende Mädchen.. doch das führt zu einer weiteren Geschichte.